Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser „contiguo alla Città“ und könne sechs Kriegsschiffe fassen. Der äußere, weit größere Hafen sei zum Meer hin offen und wäre zur Aufnahme etlicher Flottenverbände geeignet73. Nur war Triest, als Karl VI. sich zur Freihafendeklaration entschloß, mit seinen 5 000 Einwohnern nicht viel mehr als ein größeres Fischerdorf, ein Platz, der weder Mittel noch die Ambition besaß, seine ausgezeichnete Lage in anderer Weise als für eigene d. h. lokale Bedürfnisse auszunützen. Die im Besitze von Triestinern befind­lichen „großen Schiffe“ waren, genau besehen, nur kleine Küstensegler nach dem Typus der „Brazzere“ und „Trabacoli“, wie sie heute zwar nur mehr selten, vor 50 bis 60 Jahren aber noch häufig in Istrien und Dalmatien anzutreffen waren. Sie ge­nügten allerdings nicht für die Fernsegler der orientalischen Kompanie, zu deren späteren Mißerfolg die schutzlose Reede auch nicht unwesentlich beigetragen hat. III. Der Levantehandel unter Karl VI. Die Siege des Prinzen Eugen hatten der Monarchia Austriaca mit dem am 21. Juli 1718 in der serbischen Ortschaft Passarowitz Unterzeichneten Friedensvertrag den Höhepunkt ihrer Machtentfaltung im Südosten gebracht. Der wenig später am 16. August zwischen dem Hofkriegsrat Anselm Franz von Fleischmann und dem Nishandichi (Gesandten) Seifüllah Effendi ausgehandelte „Tractatus Commercii et Navigationis“ sollte die Voraussetzungen für die ökonomische Auswertung der mili­tärischen Erfolge schaffen. Wie kein anderer Traktat bestimmte dieser 20 Artikel umfassende Passarowitzer Handels- und Schiffahrtsvertrag die Handelsbeziehungen zwischen Österreich und der Pforte. Seine wesentliche Bedeutung geht bereits aus dem einleitenden Satze „... Liberum Imperii subditos fluviis, terra marique statutum est“ eindeutig hervor74. Die in diesem Vertrage festgelegten Bestimmungen beruhten auf völliger Gegen­seitigkeit und waren dahingehend so zu interpretieren, daß die im Osmanenreich den deutschen bzw. erbländischen Händlern und Seefahrern zugebilligten Rechte und Begünstigungen im gleichen Umfange auch den Untertanen des Sultans innerhalb der kaiserlichen Hoheitsgebiete eingeräumt werden mußten. So war für alle auf dem Fluß- oder Landwege aus den Erblanden und dem Reiche nach der Türkei eingeführten Güter lediglich ein einmaliger Zoll in der Höhe von 3 % ihres Wertes vorgesehen, der nicht nur in jeder gängigen Währung, sondern auch „in natura“ d. h. durch Abgabe einer äquivalenten Warenmenge abgegolten werden konnte. Eine daraufhin von den türkischen Zöllnern ausgefertigte Zollbestä­tigung, die sogenannte „Tescere“, befreite die kaiserlichen Untertanen von jeder weiteren Abgabe75. 73 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 10, fol. 223". 74 AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9, Handels- u. Schiffahrtsvertrag von Passarowitz vom 27. Juli 1718 (Artikel I). 75 Ebenda, Artikel III. 56

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