Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Karl VI., Triest und die Venezianer Die Eigentumsübertragung war von Schiff zu Schiff oder von Magazin zu Magazin nur innerhalb des Freigebietes, ohne Entrichtung irgendwelcher Abgaben, zulässig. Nach der ausführlich gehaltenen Instruktion vom 19. Dezember 1725 waltete im Punto bzw. Porto franco als zuständige Behörde ein kaiserlicher Beamter, zu dessen Obliegenheiten die Verwaltung und Beaufsichtigung der Lagerhäuser, die Einhe­bung von Gebühren, sowie die allfällige Bestrafung der Schmuggler gehörte71. Die Stadt hatte als solche von dem Freihafenprivileg zunächst so gut wie keinen Vorteil, da ein Detailverkauf im Punto franco verboten war und der Großverkauf durch die 100 Taler-Mindestgrenze begrenzt war. Den auf dem Landwege hereinge­brachten Waren billigte erst ein am 30. Mai 1731 publiziertes Patent Zollfreiheit im Freihafenbereich zu. Die Proklamation der „Libera Navigazione“ und die bald darauf erfolgte Deklarie- rung seines Hafens zu einem „Porto franco“ brachten Triest noch lange nicht den ersehnten Aufschwung. Daß das Freigebiet von der eigentlichen Stadt und ihrem unmitelbaren Hinterland verwaltungsmäßig getrennt wurde, wirkte sich für die Triestiner nicht nur materiell sondern auch psychologisch nachteilig aus. Zu diesen verwaltungstechnischen Mängeln gesellte sich die Unzulänglichkeit der Hafenanla­ge, die den nunmehr gestellten bzw. geplanten Anforderungen in keiner Weise ge­recht werden konnte. Der überaltete technisch völlig unzureichende Hafen hatte seinerzeit nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß die Niederländer, der an sie ergangenen Einladung Kaiser Leopolds I. in Triest Handelsetablissements zu errich­ten, nicht gefolgt waren. Auch zu Karls VI. Regierungszeiten wurden nur unwesentliche Verbesserungen am Hafen durchgeführt. Als Maria Theresia die Regierung antrat, bestand der Triestiner Hafen aus dem sogenannten Porto delle Navi und dem Mandrachio oder Porticello11. Der Porto delle Navi, wie sein Name besagt, für größere Schiffe bestimmt, wurde gegen das offene Meer nur durch eine kaum über dem Meeresspiegel erhöhte Mole, die von der Lokalität „Campo Marzio“ zu der kleinen vorgelagerten Leuchturminsel geschlagen war, geschützt. Von der „Isola del Faro“ gingen ebenfalls zwei Molen, die eine gegen die See gerichtet, die andere gegen den Porticello, aus. Dieses kleine an die 100 Meter lange und etwa 40 Meter breite Hafenbecken trennte ein aus ge­wöhnlichem Steinwurf gebildeter Damm vom Porto delle Navi. Die äußere Reede bot weder gegen abfällige feindliche Angriffe noch gegen den starken Seegang bei Bora oder Westwinden ausreichenden Schutz. Günstiger aber nicht realistisch beschreibt Don Lorenzo de Botturini-Benaduci in einem an den Gouverneur von Mailand, Graf Wirich Daun, gerichteten nicht näher datierten Be­richt, der die Möglichkeit einer merkantilen Verbindung des Litorale mit der Lom­bardei zum Inhalt hat, den Hafen von Triest. Triest sei mit einem zweifachen Hafen geziert „omato di dupplicati Porti“; der innere Hafen grenze unmittelbar an die Stadt AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9. Ebner von Ebenthal : Maria Theresia und die Handelsmarine, S. 81. 55

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