Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Karl VI., Triest und die Venezianer unterrichtete Priuli die Serenissima am 13. August und er, der Monarch, könne es nicht zulassen, daß seinen von diesem kleinen Seeverkehr lebenden Untertanen die „Libera Navigazione“ vorenthalten werde. Der Herrscher verlange mit Nachdruck die Gleichbehandlung auf See mit England und Frankreich. Das Patent vom 18. März 1719 folgte auf den unmittelbar nach dem Passarowitzer Frieden am 27. Juli 1718 mit Sultan Achmed III. abgeschlossenen Handels- und Schiffahrtsvertrag. Darin wird dem kaiserlichen Konzept einer Ausrichtung der erbländischen Handelsentwicklung nach dem Südosten Europas Rechnung getragen. Eine Tendenz, die in der nahezu gleichzeitig erfolgten Neugründung orientalischer Handelskompanien und ihrer Exposituren in Ostende, Triest und Fiume ihre Bestätigung gefunden hat. Am 18. März 1719 erweiterte Karl VI. seine am 2. Juni 1717 erfolgten Zusagen dahingehend, daß er „... denen fremden Traffikanten, Schiffs - Patronen, Manufak- turisten und anderen Künstlern“ nicht nur in Porto Rè, sondern auch in Triest und Fiume gesicherte Wohn- und Betätigungsmöglichkeiten, unter gleichzeitiger Gewährung weiterer Erleichterungen in Aussicht stellte68. Das Patent zählte darüberhinaus auch die essentiellen Merkmale und Vorteile der Freihäfen (punti oder porti franchi) auf. So war für jeden fremden bzw. einheimischen Händler oder Schiffskapitän das Anlaufen und Verlassen des Freihafens mit beladenen oder unbeladenen Fahrzeugen ohne Einholung einer Sondergenehmigung vorgesehen. Ferner räumte dieses Patent auch die Erlaubnis zum Verkauf, Einkauf und Umtausch von Waren innerhalb der zu Freigebieten deklarierten Triestiner und Fiumaner Hafenlagen ein, wobei für diese Manipulationen weder ein Schutzgeld noch andere Gebühren entrichtet zu werden brauchten. Ein weiterer Vorteil lag darin, daß der 0,5 % Konsulats- oder Admiralitätszoll nur von den tatsächlich verkauften, nicht aber von allen eingeführ- ten Waren eingehoben werden sollte. Die Bemessung des Warenwerts hatte durch den Vorsteher des Konsulats bzw. des Wechselgerichtes und im Beisein eines Vertreters jener Nation, der auch das betreffende Schiff angehörte, zu erfolgen. Für entladene Güter war gegen Entrichtung einer geringen Gebühr die auf neun Monate befristete Unterbringung im bereits vorhandenen und „... pro opportunitate aufzurichten habende Generalmagazine“ möglich. Assecurations-Bancos, deren Gründung das Patent gleichfalls in Aussicht stellte, sollten den Kaufleuten nach Bedarf Kredite im Verhältniswert zu den eingelagerten Waren vorstrecken. Des weiteren sicherte das Patent vom 18. März 1719 allen in Triest oder Fiume tätigen einheimischen und fremden Händlern im Straftalle, Maut- und Zollvergehen ausgenommen, die Aburteilung durch eigens einzusetzende Sonderrichter des Wechselgerichtes zu. Im Kriegsfälle sollte es nicht nur den Fremden, sondern auch Untertanen feindlicher Staaten ohne jedwede Behinderung und unter Mitnahme ihrer Mobilien erlaubt sein, die Porti franchi zu verlassen. Ihren Bevollmächtigten blieb die Möglichkeit offen, allfällig vorhandene „Immobilia“ binnen Jahresfrist zu liquidieren. „Zu besserer 68 HHStA Wien, StA Venedig, Bd. 211/212, pag. 371 und 373, Disp. 99 Simmering, 17. August 1720. 53