Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser „Porti franchi“ die Prämissen für die Entwicklung des österreichischen Seehandels in der Adria bieten sollten64. Von der anläßlich der Freihafenerklärung so viel gepriesenen „Possanza“ des Für­sten war, zumindest was die See betraf, im Frühjahr 1720 noch nicht viel zu erken­nen. So beschwerte sich der Hofkanzler, wie Girolamo Priuli am 20. April nach Venedig meldete, daß von einem venezianischen Wachboot, eine „Publica Felluca“, ein Triester Schiff vor der Isonzomündung bei Monfalcone aufgebracht worden wä­re. Diese Kontrolle sei, so stellte der Botschafter fest, zurecht und aus sanitätsbeding­ten Gründen erfolgt und das Fahrzeug dann ohnedies freigegeben worden65. Im übri­gen unterstrich Priuli auch bei dieser Gelegenheit die Bereitwilligkeit seiner Regie­rung, alles in die Wege leiten zu wollen, was für die Förderung der gegenseitigen Handelsbeziehungen von Vorteil wäre. In einem früheren Dispaccio vom 23. März hatte der Botschafter von der Ankunft zweier Kaufleute aus Triest in Wien berichtet, die für eine finanzielle Unterstützung ihrer Stadt wie auch für notwendig erschei­nende Arbeiten an der Hafenanlage vorstellig geworden waren. Jetzt, so Priuli, am 20. April wären die beiden Triestiner, ohne Konkretes erreicht zu haben, wieder abgereist. Gleichzeitig teilte aber der Botschafter dem Senate mit, daß man in Wien nicht ohne Mühe einen Fond von 150 000 Gulden zusammengebracht hätte. Diese Summe diene einem Flamen, einem gewissen Cautrier, zur Sondierung allfälliger Projekte in Triest66. Ein weiteres Problem bestand darin, daß venezianischerseits kleinen österreichi­schen Fahrzeugen nur unter Vornahme schärferer Kontrollen der Aufenthalt inner­halb Malamoccos gewährt würde. Hofkanzler Graf Sinzendorf und seine Räte sahen darin eine ungleiche Behandlung der kaiserlichen Flagge gegenüber den Insignien Englands oder Frankreichs. Im Gespräch mit dem Prinzen Eugen bestritt Priuli, wie er am 8. Juni nach Venedig meldete, nur zum Teil ein solches Vorgehen der Repu­blik. Die großen Schiffe des Kaisers würden genau so behandelt, wie die der Englän­der und Franzosen, wenn sie außerhalb von Malamocco vor Anker gehen würden67. Belastend für die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen Hofburg und Senat war ein Zwischenfall im August, bei dem einige kleine unter kaiserliche Flagge segelnden Schiffe auf ihrer Rückfahrt von der Messe in Sinigalia von einem venezi­anischen Wachboot aufgebracht und durchsucht wurden. Der Kaiser wäre empört, 64 AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9. Die Macht des Fürsten und Besitzers des Porto, eine Potenz die auf seinen starken und sieggewohnten Herren beruhe, wird die Anziehzungskraft dieses Hafens auf Händ­ler und Kaufleute verstärkt ausüben, da sie sich unter dem Schutze der von aller Welt gefürchteten Flagge des Kaisers sicher fühlen werden. HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 10, fol. 445' „Ex: „Osservazioni appartenenti alio stabilimento del Porto Franco di Trieste ivi possa fiorire un Dovizio- sissimo Comercio“ (undatiert). 65 HHStA Wien, StA Venedig, Bd. 211, pag. 227 f, Disp. 64, Wien 20. April 1720 „in guardia gelosi riguardi di salute ...“. 66 Ebenda,pag. 230. 67 HHStA Wien, Österreichische Akten Triest-Istrien, Fasz. 10, fol. 483* und 485'. In diesem Zusammenhang auch die Klagen der Orientalischen Kompanie begreiflich, die in Befürchtung eines abfälligen schikanösen Vorgehens der eifersüchtig auf das angemaßte Salzmonopol im Adriahandel pochenden Venezianer, ihre Schiffe mit dem aus Barletta stammenden Salz als Rücktransportgut beluden. 52

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