Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Karl VI., Triest und die Venezianer Der Plan wäre, nur unter dem Schutze österreichischer Kanonen durchführbar gewesen. Die wichtigste Voraussetzung, die Schaffung einer bewaffneten Seemacht, wurde von höchster Stelle ebenso wie der Straßenbau vernachlässigt. Pallavicini konnte durch seine Ambitionen an dieser Tatsache nichts ändern. Wie bereits gesagt, hatte Karl VT. mit Patent vom 2. Juni 1717 die „Stabilirung der gesicherten auch freyen Navigation und Schiffahrt durch das Adriaticum“ verkündet55. Rechberger60 hat dieses Patent mit der zwei Jahre später erfolgten Freihafenproklamation offenbar verwechselt. Möglicherweise findet dieser Irrtum seine Aufklärung in der Tatsache, daß der Kaiser selbst versehentlich in einer am 19. Dezember 1725 für die Freihafenbehörden erlassenen Instruktion die Erhebung Triests und Fiume zu „Porti franchi“ mit dem Jahre 1717 angegeben hat61. Das Patent vom 2. Juni 1717 stellte für Österreicher und Fremde, die sich am Litorale merkantil oder gewerbsmäßig betätigen wollten, noch eine Reihe weiterer Begünstigungen in Ansicht. So erklärte sich der Kaiser bereit „... jeden auf Unseren Landes-Fürstlichen In: Oe: Meer-Küsten und Porten befindlichen, oder künftighin dasselbst niedersetzenden - und Unser Lands-Fürstlichen Bottmäßigkeit sich ergebenden Einwohner, Unterthanen und Getreuen, welche zu Einricht - und bestmöglichster Standbringung des Commercii auf abbedeutete Schiffarth sich vorlegen ar- miren und das Commercium freytreiben wollen ..." einen Landstreifen bei Porto Rè einschließlich der dort bereits bestehenden ärarischen Gebäude zu Wohn- bzw. Fa- briks- und Magazinzwecken zur Verfügung zu stellen62. Den österreichischen „Meer-Porten“ anlaufenden in- und ausländischen Schilfen räumte das Patent nicht näher erläuterte Gnaden und Privilegien ein. In einem versprach Karl VI. „... Denen Trafficanten mittels Satzung gewisser Ordnung und Constititutionen die förderliche Justitz ohne Umtrieb, mithin summerissime, et parata Executione, gleichwie es anderen Orthen und wohleingerichteten Handels-Städten gewöhnlich, auch sonsten Handlungs-Recht ist...“ zu gewähren und die lediglich auf das römische und kanonische Recht fußende Gesetzgebung durch ein „... gewisse allschon von Uns gnädigst approbiertes Wechselrecht“ zu erweitern63. Das Junipatent vom Jahre 1717 ist als kaiserliches Programm und nicht als die Sanktionierung bereits bestehender Fakten zu verstehen. Erläutert und bekräftigt wurde dieses am 2. Juni 1717 publizierte Patent durch ein im wesentlichen gleichlautendes Patent vom 15. März 1719, das in Verbindung mit der nur drei Tage später am 18. März 1719 erfolgten Deklarierung der Häfen von Triest und Fiume zu AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9. 60 Rechberger von Rechkorn : Geschichte der k. u. k. Kriegsmarine. Wien 1862. 61 AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9. 62 Ebenda. 63 Ebenda. 51