Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Karl VI., Triest und die Venezianer 1733 wurde der Conte Giovanni Luca Pallavicini nach dem Tode Deichmanns mit dem Oberkommando über die österreichischen Streitkräfte betraut. Pallavicini war 1731 als außerordentlicher Gesandter der Republik Genua nach Wien gekommen und hatte von Anfang an den Wunsch geäußert, als Admiral in kaiserliche Dienste zu treten. Im Laufe des polnischen Thronfolgekrieges hatte er die in Neapel stationierten Flottenverbände ohne Verlust nach Triest gebracht, wobei er auch gallo-spanische Transportschiffe vor Chioggia erbeutete. Conte Pallavicini wurde 1735 Generalmajor und 1741 Feldmarschalleutnant. 1753 war ihm das Gol­dene Vließ verliehen worden. Seine militärische Laufbahn beendete er 1754 als Ge­neralfeldmarschall. Die 1733 erfolgte Ernennung Pallavicinis zum Generalintendan­ten des Seewesens wurde von Marco Foscarini, seit Ende 1732 Botschafter der Se­renissima in Wien, am 12. September 1733 wie folgt kommentiert: „Io dico bene, che al Pallavicini non sovrasta maggior lede per il buono, che per il mal’effetto di quest’impresa. Poi chè se cade a vuoto awrà daglTtaliani, e da suoi concittadini medesimi per aver dato ajuto ad’un nuovo commercio da far ingiuria col tempo alle Nazioni che hanno antichi porti e stabilimenti di traffico sopra il Mare Mediterraneo.“55 Am 12. August 1733 unterbreitete Pallavicini in einer „Brevi considerazioni inter­no il primo stabilimento della Marina e intorno il commercio piu utile e piu addatta- to alia situazione di stato di S. M.“ betitelten Denkschrift seine Gedanken hinsicht­lich der Seerüstung und wie nach seinem Dafürhalten in der Zukunft größere Han­delsoperationen zur See einzuleiten wären56. Als Genuese war Pallavicini nicht nur an einer Ausweitung des Levantehandels, als vielmehr auch an dem Ausbau merkantilmartimer Beziehungen zu Portugal und Spanien interessiert. Die Sicherung dieser Seeverbindungen sollte die künftige öster­reichische Kriegsmarine als eine ihrer Hauptaufgaben übernehmen. Gleichlaufend mit dem Kriegschiffbau sollte demnach auch die weitere Ausgestal­tung der Arsenale und Werftanlagen in Porto Rè erfolgen. Neben einer nicht genauer angegebenen Zahl von Galeeren hielt der neue Marinebefehlshaber sechs Linien­schiffe (vascelli) zur Wahrung der maritimen Interessen Österreichs für ausreichend. Mit dem Neubau der Flotte sollte 1734 begonnen und 1738 das letzte der sechs Lini­enschiffe in Dienst gestellt werden. Die finanziellen Mittel, Pallavicini schlug als jährliche Quote 600 000 Gulden vor, glaubte er aus den Gefällen des Tabakver­schleißes bereitstellen zu können. Die in Neapel stationierten, durchwegs überalter­ten Fahrzeuge sollten verkauft und der Erlös zur Anschaffung moderner Schiffsartil­lerie für die Neubauten herangezogen werden. Auch schlug Pallavicini vor, das neue Großkampfschiffgeschwader in drei Gruppen zu je zwei Einheiten aufzuteilen. Die erste und zweite Gruppe gedachte er als Geleitschutz für die unter österreichischer Flagge mit der Levante Handel treibenden Kauffahrer einzusetzen. Den Schiffen der dritten Gruppe sollte als ständige Aufgabe die Abschirmung der neapolitanischen und sizilianischen Küsten vor Inkursionen der Barbaresken zugewiesen werden. 55 HHStA Wien, StA Venedig, Bd. 227 (nicht paginiert), Disp. 77, Simmering, 12. September 1733. 56 HHStA Österreichische Akten Triest-Istrien, Fasz. 9, fol. 559-562. 49

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