Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Peter Gasser Finanzielle Gründe und die Tatsache, daß es im Litorale gar keine Handelsmarine gab, die von dieser gewaltigen Armada beschützt werden sollte, brachten die hochfahrenden Pläne des Franzosen zum Scheitern31. Die wenigen vorhandenen Kriegsschiffe standen vorwiegend unter dem Befehl ausländischer Seeoffiziere, so zunächst bis 1725 unter dem Vizeadmiral Lord Forbes, dem Dänen Chevalier Edward Deichmann und dem Genuesen Conte Giovanni Luca Pallavicini-Centuriono. Der Durchmarsch kaiserlicher Truppen auf der „Terra ferma“ in Richtung Süditalien-wenn auch auf vertraglich festgelegten Routen - bereitete selten Probleme, gereizt reagierte die Republik aber, wie anfangs 1714, als österreichische Militärverbände auf dem Seeweg von Manfredonia nach dem Litorale, in diesem Falle nach Fiume, gebracht wurden. Den Beteuerungen des Kaisers, daß man von ihm nicht die Preisgabe seiner süditalienischen Königreiche verlangen könne, widersprach am 11. März 1714 Vettor Zane, daß mit dem „passagino di Bastimenti per il Golfo“ (der Botschafter meinte darunter natürlich nicht venezianische Schiffe) die eifersüchtig behütete Jurisdiktion der Signoria über ihren Golf gefährdet erscheine. Auf den Vorschlag seiner Gesprächspartner, daß Venedig den österreichischen Transporten Geleitschutz gewähren möge, ging Zane jedoch nicht weiter ein32. Das Problem dieses „Passagio delle Truppe“ bot auch in den folgenden Jahren, bis zu dem Verlust von Neapel und Sizilien, immer wieder Anlaß zu Schwierigkeiten zwischen dem Senat Venedigs und der Wiener Hofburg. Die Herren am Rialto ahnten die Pläne des Kaisers. Von den Kriegslasten weitgehend befreit, arbeitete der Monarch auf die Intensivierung des Handels mit der Levante hin33. Im Oktober 1716-Pietro Grimani hatte Zane in Wien als Botschafter abgelöst-, war die Verstimmung zwischen den „so eng“ verbündeten Partnern ständig gestiegen. Am 3. April 1717 sieht Grimani die drohenden Gefahren durch die ihm diskret zugegangene Nachricht bestätigt, daß die Hofburg eine von allen Abgaben befreite Schiffahrt zwischen den Häfen des Königreichs Neapel und dem Litorale mithin Triest und Fiume einrichten wolle. Dies widerspräche aber der uralten und gerechten Souveränität Venedigs über die Adria, eine Souveränität, die mit Gold und Blut erkauft worden sei, und die schon am 28. April 1616 von Francesco Conzarioni in Rom im Namen des venezianischen Senats mit dem Satze „II Domi31 St. Hilaire erfreute sich aber auch weiterhin der Gunst des Kaisers. So wird im kaiserlichen königlichen Staats- und Stands-Kalender fur 1719 Franz Anton Graf de St. Hilaire als Hauptmann des Arsenals in Wien angeführt. 32 HHStA Wien, StA Venedig, Dispacci di Germania, Bd. 202, pag. 349-350, Disp. 317, Wien 10. März 1714 „... Che non bisognava haver amale, se si dolevano di veder violata la giurisdittione del Golfo tanto gelosa in tutti i tempi...“. 33 Ebenda, pag. 36-37, Disp. 227, 17. Oktober 1716, Simmering (Favorita) „... si haverà l’occhio al traffico del Levante“. 42