Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Karl VI., Triest und die Venezianer Herzogtums erfolgreich zu begegnen. Nach Ferdinands Ableben war die Herrschaft in Steiermark, Kärnten, Krain und Küstenland an seinen Sohn Karl gefallen. Diesem und in der Folge auch seinem Nachfolger gelang es, die ständischen und kofessionel- len Fragen erfolgreich im Sinne der landesherrlichen Gewalt zu lösen. Ohne Berücksichtigung des Seehandels konnte der wirtschaftliche Aufschwung des Herzogtums jedoch nur ein unvollkommener sein. Die Beziehungen Innerösterreichs zu seinem südwestlichen Nachbarn waren gespannt. Die Regierung in Graz fühlte sich nicht wie einstens Ferdinand I. durch gesamtösterreichische und Reichsinteressen in ihrem Verhältnis zur Republik Venedig gehemmt. Die herzogliche Regierung stellte dem venezianischen Dogma des „Dominium culfi“ das Postulat der freien Schiffahrt im Golfe, die „Libera Navigatione“ entgegen. Ein zweiter Faktor, der die Beziehungen beider Mächte belastete, war die Grenzfrage. Bedingt durch den in Friaul zwischen Isonzo und Tagliamento gelegenen und durch Erbvertrag an die Habsburger gelangten Streubesitz der Grafen von Görz, waren die Grenzen zwischen Venedig und Innerösterreich 1516 zu Worms und 1521 zu Brüssel unübersichtlich gezogen worden. Dieses und das strittige Problem der Adriaschiffahrt bildeten das Thema zahlreicher Verhandlungen zwischen den Grazern und den Bevollmächtigten der Republik. Bei diesen Besprechungen führten die Venezianer ihre Vorherrschaft im Golfe auf eine von der göttlichen Vorsehung gewollte und daher unumstößliche Tatsache zurück. Die Grazer brachten dem gegenüber heimische Wirtschaftsbedürfnisse mit der Begründung vor, daß ihnen die seinerzeit dem habsburgischen Gesamthaus zur Verfügung gestandenen Mittel nunmehr fehlten. Da sie auf eine merkantil-maritime Betätigung nicht verzichten wollten, wurde der von der Republik in der nördlichen Adria rigoros gehandhabte Wachtdienst ihrerseits als verkappte Handelsblockade und bewußt gewollte wirtschaftliche Schädigung empfunden. Kraft seiner Flottenstärke und der früheren kaiserlichen Toleranz war die Markusrepublik in der Lage, Bewegungen fremder Kriegsschiffe zu unterbinden, was für das Herzogtum Steiermark die Unmöglichkeit bedeutete, seinen Handelsschiffen bewaffneten Geleitschutz zu gewähren. Die Bergbauprodukte der Steiermark, Kärntens und Krains konnten daher nicht auf einheimischen Schiffen über Triest oder Fiume nach Italien bzw. der Levante exportiert werden. Ihre Ausfuhr war nur unter erheblicher Verteuerung durch Zoll und Mautabgaben auf dem Landwege oder durch Inanspruchnahme venezianischer Kauffahrer möglich. Erreichte Innerösterreich von einigen belanglosen Zugeständnissen zolltechnischer Natur trotz zahlloser Konferenzen von Venedig in puncto Seehandel so gut wie nichts, so konnten auch in der Grenzfrage keine beide Parteien befriedigenden Ergebnisse erzielt werden. Die Republik schlug gegen Abtretungen in Istrien den Isonzo als Grenzlinie vor. Die Grazer gingen auf dieses Angebot, das ihr südliches Bollwerk Görz völlig entschärft hätte, nicht ein. So konnten auch auf diesem Gebiete die Spannungen nicht gemildert werden. Sie wurden vielmehr unter anderem durch die im Quamero üppig wuchernde Schmugglertätigkeit verschärft, da die buchtenreiche 23