Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peler Gasser Die Auseinandersetzung des Kaisers mit Frankreich um den Besitz der Lombardei stand bevor. Venedigs Freundschaft oder Neutralität waren demnach für Karl V. wichtig. Er überantwortete daher das Litorale mit den beiden Häfen Triest und Fiu­me der Verwaltung seines Bruders Ferdinand. In dem knappen Jahrzehnt, das auf Maximilians Friedensschluß mit der Serenis­sima gefolgt war, hatte sich das Bild eindeutig zugunsten Habsburgs gewandelt. Spanisches Königtum, Kaiserkrone und die Erblande waren nunmehr in den Händen von Maximilians Enkel Karl und Ferdinand vereinigt. Zu diesem Land- und Machtkomplex waren zusätzlich als Ergebnis des Heirats­und Erbvertrages mit den Jagellonen die Kronen Ungarns und Böhmens gekommen. Für die Markusrepublik war es ein Glück, daß es zwischen Ferdinand, der ab 1522 mit der Verwaltung in den Erblanden ihr unmittelbarer Nachbar geworden war und seinem ungleich mächtigeren kaiserlichen Bruder aus machtpolitisch bedingten Erwägungen zu Differenzen kam. Angesichts der seinem Hause zu Gebote stehenden Machtfülle, mußte es Ferdi­nand als bitter empfinden, das Adriamonopol Venedigs ertragen und den Gedanken an eine freie, die innerösterreichische Wirtschaft belebende Handelsschiffahrt zu­rückstellen zu müssen. Unter diesen Voraussetzungen war auch die ihm mit der Krone Ungarns zugefallene Küste Kroatiens, nicht allein in Anbetracht der zahlrei­chen, ihr vorgelagerten und von den Venezianern besetzten Inseln, nur ein fragwür­diger Gewinn. Unterblieb so einerseits eine von Triest oder Fiume ausgehende gesteigerte mer­kantil-maritime Betätigung, so fanden andererseits, von harten Worten und Pro­testaktionen abgesehen, auch keine nennenswerten Übergriffe der Venezianer gegen das österreichische Litorale statt. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts zur mächtigsten Signorie Italiens emporgestiegen, hatte Venedig diesen Rang nur unter Preisgabe eines Großteils seiner Besitzungen in der Ägäis und Levante erkaufen können. Eine kraftvolle künftige Festlandspolitik verbot jedoch der mächtige Kaiser. Die Herren am Rialto sahen sich nun von einem Herrscher aus dem Hause Habs­burg abhängig, der jene Macht verkörperte, die ihnen allein im Abwehrkampf gegen den in die südliche Adria vorgeprellten Halbmond zu Seite stehen konnte. Ferdi­nands Stellung war im gleichen Maße durch die Türken bedroht und so verband ihn, die Gegensätze in Istrien und Dalmatien überbrückend, die gemeinsame Gefahr mit den Venezianern. Der im Oktober 1571 bei Lepanto erfochtene Sieg der mit Spanien, Genua und dem Papst verbündeten Venezianer über die türkische Flotte brachte die osmani- schen Operationen für Jahrzehnte zum Stillstand. Darüber hinaus sicherte sich Ve­nedig unter Preisgabe Zyperns und unter Zahlung einer beträchtlichen Summe in einem 1573 mit der Pforte abgeschlossenen Separatfrieden die ungestörte Abwick­lung seines Handels mit der Levante. Diese Rückendeckung gestattete es der Repu­blik nunmehr wieder, der merkantil-maritimen Betätigung des innerösterreichischen 22

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