Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
Ronald E. Coons - Carey Goodman: An Audacious Proposal. A Memorandum Attributed to Finance Minister Karl Ludwig Freiherr von Bruck
Ronald E. Coons Carey Goodman nach Maßgabe sich ergebender Möglichkeit, zur Lösung der Aufgabe beizutragen berufen seyn müße. - Eine Unmöglichkeit der Lösung kann und darf nicht angenommen werden, es wären denn vorher alle Mittel zur Auffindung der Möglichkeit aufs redlichste und erfolglos erschöpft worden. Intereße und Pflicht gehen hierin Hand in Hand. Bei näherer Betrachtung des gegenwärtigen Staatshaushaltes der Monarchie, ergibt sich, daß der Regierung in Ausfuhnmg des bestehenden Verwaltungssystemes, ein verschwenderisches Verfahren durchaus nicht zur Last gelegt werden kann. - Die Beamten sind nicht nur nicht übermäßig salarirt, sondern im Gegentheile so spärlich bezahlt, daß sie kaum leben können und es ist zu gewärtigen, daß man genöthigt seyn werde sie höher zu salariren56. - An der Ziffer der Besoldungen kann daher nichts erspart werden. - Was die Anzahl der Beamten betrifft, so ist bereits von Seite der Regierung Manches geschehen, um eine größere Einfachheit des Dienstes zu erzielen. Es ist jedoch innerhalb des bestehenden Regierungssystemes, nicht möglich auf diesem Wege ein irgend genügendes Resultat zu erreichen, und dieß um so weniger, als das gegenwärtige System selbst noch keineswegs seine vollständige Ausführung erhalten hat, und man vielmehr gewärtigen muß, daß die vollständige Ausführung desselben noch eine beträchtliche Vermehnmg der Organe der Regierung erheischen werde. Es kann also auch auf diesem Wege nicht nur keine Erspanmg bewirkt werden, sondern es steht vielmehr eine beträchtliche Vermehrung der Auslagen in Aussicht. Es kann nun nur noch gefragt werden, ob nicht der Organismus des bestehenden Systèmes selbst, vereinfacht, und das System somit minder kostspielig gemacht zu werden vermöchte? - Die Regierung hat auch in dieser Richtung bereits Versuche gemacht, und man darf annehmen, daß die Regierung hierin sicher weiter gegangen seyn würde, wenn dieser Weg ein ersprießliches Resultat in Aussicht zu stellen geeignet wäre. Eine genauere Prüfung der Sache wird, wie ich glaube, die Überzeugung begründen, daß die Regierungs-Prinzipien welche dem Systeme zu Grunde liegen, einmal gegeben, an den Organismen deßelben nichts Wesentliches geändert zu werden vermag. Jedes System hat gewiße in seiner Natur gegebene Nothwendigkeiten, welche nicht von demselben getrennt werden können. Die Lösung der in Frage stehenden Aufgabe, findet sich daher ausschließlich an das System selbst, verwiesen, und es stellt die Änderung des Systèmes sich als das alleinige Feld dar, auf welchem die Ermöglichung der Bedeckung des Defizites, gesucht werden kann. Das alleinige Feld in der Annahme daß nur rechtliche Wege gegangen werden, denn es kann Politiker geben welche den Staatsbanquerott auf der verzinslichen Staatsschuld, als ein Mittel der Erleichterung der Finanzen anzusehen fähig wären. Es gibt Leute welche der Ansicht sind, der Banquerott werde allerdings Oesterreich alles Glaubens und Vertrauens, sowohl bei dem Auslande als im eigenen Inneren, verlustig machen, jedoch die Existenz der Monarchie und des Thrones nicht gefährden. Ich muß gestehen, daß ich bei der heutigen Lage der Dinge, ein solches Sicherheitsgefuhl nicht zu theilen vermag. Das gegenwärtige System ist btireaukratische Centralisation, weiter getrieben als irgendwo, und das nothwendig damit zusammenhängende, von dem Centrum ausgehende Beamtenthum überall und in Allem. - Das System spricht sich das Verdienst zu, ausschließlich geeignet zu seyn die in der Hand des Kaisers nothwendig erforderte Machtvollkommenheit zu wahren. - Auf dem administrativen Felde regiert es überall und Alles durch seine Organe, wird daher allenthalben als ein Druck gefühlt, und macht den Namen des Kaisers welchen es allenthalben voranstellt, unbeliebt. Ünausweichliche Folge der büreaukratischen Behandlung der Geschäfte, ist eine Überzahl von Behörden 56 On the government’s recognition of financial problems faced by lower bureaucrats in particular see the discussion in the Minister Conference on 11 December 1855 in ÖMR Abt. 3, Bd. 4, p. 197 f; see also Heindl,Waltraud: Bürokratie und Verwaltung im österreichischen Neoabsolutismus. In: Österreichische Osthefte 22 (1980), pp. 240-243. 168