Jürgen Pohl: Sonderband 1. „Die Profiantirung der Keyserlichen Armaden ahnbelangendt” – Studien zur Versorgung der kaiserlichen Armee 1634/35 (1989)
A Einleitung
Studien zur Versorgung der Kaiserlichen Armee 16W35 in allen Armeen um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Gebrauch waren. Die Hälfte der Fußtruppen benötigte Piken von vier Meter Länge, Helme und Rüstungen; die andere Hälfte mußte mit Luntengewehren samt Stützgabel, Pulverflasche, Kugeln und Lunten ausgerüstet werden; und alle Soldaten, auch die Berittenen, brauchten Pistolen und Degen. Diese Waffen mußten zwar nicht einheitlich sein (von den Soldaten wurde erwartet, daß sie einen Klumpen Blei mit sich führten, aus dem sie ihre Kugeln selbst gossen), aber das machte die Ausrüstung einer Feldarmee von 50.000 Mann noch nicht zu einer leichten Aufgabe. Bei der Belagerung Stralsunds 1628 wurden allein am ersten Tag etwa 760 Kanonenkugeln (darunter auch 50 kg schwere Mörserkugeln) gegen das Frankentor abgefeuert; bei der Belagerung von Kronach in Franken, im Mai und Juni 1632, gaben die Geschütze der Belagerer nicht weniger als 1260 Schüsse ab (s. Monro 1637, Bd. 1, S. 68-75; Pusch 1978, S. 112 f.). Auch war die Speisung der Menge keineswegs mit fünf Broten und zwei Fischen abgetan. Die tägliche Zuteilung von zwei Pfund Brot, einem Pfund Fleisch und drei Litern Bier (die Ration, die theoretisch jedem Soldaten, Stallmeister und Offizier zustand) erforderte das Backen von 300 Zentnern Brot, das Schlachten von 225 Ochsen (oder deren Äquivalent) und das Brauen von 90.000 Litern Bier - Tag für Tag (vgl. van Crebelt 1977, S. 34 ff.; Kroener 1980, passim). Dazu kamen noch die vielen Pferde, die von der Artillerie, der Kavallerie, den Offizieren und den Troßwagen benötigt wurden, so daß eine größere Feldarmee insgesamt an die 20.000 Stück Vieh mit sich führte, das pro Tag 900 Zentner Futter oder eine Weidefläche von 160 Hektar benötigte. Und die Pferde mußten häufig ersetzt werden, ln der ersten Schlacht bei Breitenfeld wurden etwa 4.000 der 9.000 mitgeführten Pferde getötet; in der Schlacht bei Lützen wurde allein dem General Piccolomini siebenmal das Pferd unterm Sattel weggeschossen. Streif, Gustav Adolfs schweres Schlachtroß, trug seinen Herrn bei Lützen in den Tod und starb bald darauf selbst an seinen Wunden. Die Beschaffung und Verwaltung derartig umfangreicher Kriegsausrüstungen warf erhebliche logistische Probleme auf.“5 Doch dieser Absatz ist das einzige, was der Militärhistoriker Parker zum Thema der Versorgung in diesem sonst sehr detaillierten Werk zu sagen hat. Der Satz: „Die Beschaffung und Verwaltung derartig umfangreicher Kriegsausrüstungen warf erhebliche logistische Probleme auP‘ ist jedoch für eine solche Problematik einfach zu wenig. Wesentlich ausführlicher, wenngleich auch nicht gründlicher, hatte sich Werner Sombart diesem Problem gewidmet. Dies tat er in seinem 1913 erschienenen zweiten Band der „Studien zur Entwicklungsgeschichte 5) Parker, Geoffrey, Der Dreißigjährige Krieg. Darmstadt 1987, S. 289 f. 15