Jürgen Pohl: Sonderband 1. „Die Profiantirung der Keyserlichen Armaden ahnbelangendt” – Studien zur Versorgung der kaiserlichen Armee 1634/35 (1989)
A Einleitung
Wolfgang Pohl des modernen Kapitalismus“, der den Titel „Krieg und Kapitalismus“6 trägt. Darin untersucht er die Auswirkungen des Krieges auf die wirtschaftliche Entwicklung. Daß dabei große Teile des Buches der Versorgung des Heeres und der Marine gelten, ist nicht erstaunlich. Während Sombart jedoch bei der Versorgung mit militärischem Material praktisch nur auf Feuerwaffen eingeht, beschäftigt er sich relativ ausführlich mit dem Nahrungsmittelnachschub. Auch er schreibt von dem „Massenbedarf1 an Lebensmitteln, wobei er jedoch den größten Teil seiner Ausführungen auf die Ausrüstung von Schiffen mit Proviant verwendet. Für die Landheere sind nach seiner Auffassung die jeweiligen Wirte bei den Einquartierungen zuständig, ohne daß er sich Gedanken über die Versorgung der Armee während der Sommermonate macht. Für die Versorgungsorganisation der französischen Armee liegt eine sehr ausführliche Untersuchung vor7. Die Unterschiede, die zwischen der Versorgung des französischen Heeres und des kaiserlichen Heeres bestehen, liegen in der Hauptsache in dem unterschiedlichen Organisationsgrad der beiden Staaten begründet. Während Frankreich zu diesem Zeitpunkt schon soweit zentralisiert war, daß der König genügende Zugriffsrechte hatte, um an beliebigen Stellen seines Landes Versorgungsdepots zu errichten, war der Kaiser dabei außerhalb seiner Domänen immer auf die Zustimmung der jeweiligen Landstände angewiesen. In seiner Zusammenfassung schreibt Kroener: „Im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten waren in Frankreich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die für die Entwicklung einer Etappenversorgung notwendigen Voraussetzungen bereits gegeben.“ So konnte hier eine Art der Versorgung entstehen, die sich an Etappenstädten und einem „nach den Bedürfnissen der Kriegführung ausgewählten Straßennetz“ orientierte. „Etappenversorgung und Boutensystem sind somit die Eckpfeiler der französischen Heeresversorgung.“ Doch auch dieses Versorgungssystem erfüllte die in es gesteckten Erwartungen nicht. „Obwohl die französische Krone sich bemühte, die Lebensmittelversorgung der Regimenter sicherzustellen, scheiterten alle darauf gerichteten Maßnahmen immer wieder an den unzureichenden Nachrichtenverbindungen zwischen Paris und den an den Grenzen operierenden Truppen sowie an der Schwerfälligkeit der Verwaltung. So blieben die auf allen Ebenen der Heeresversorgung eingesetzten Amtsträger nahezu völlig unabhängig von den Anweisungen der Krone, die ihrerseits 6) Werner Sombart, Studien zur Entwicklungsgeschichte des modernen Kapitalismus, Bd. 2: Krieg und Kapitalismus, München und Leipzig 1913. 7) Kroener, Bernhard, Les Routes et les Étapes. Die Versorgung der französischen Armee in Nordostfrankreich (1634-1661). Ein Beitrag zur Verwaltungsgeschichte des Ancien Régime. Münster 1980, S. 170 f. 16