Jürgen Pohl: Sonderband 1. „Die Profiantirung der Keyserlichen Armaden ahnbelangendt” – Studien zur Versorgung der kaiserlichen Armee 1634/35 (1989)
A Einleitung
Wolfgang Pohl Bei Betrachtung dieses Textes zeigt sich, daß Moritz von Nassau, der zu den größten Taktikern seiner Zeit gerechnet wurde, einen Monat lang in Brabant umherzog, keine Schlacht schlug, keine Festung belagerte, ja offensichtlich nicht einmal den Feind zu Gesicht bekam und schließlich auf seinen Ausgangspunkt zurückkehren mußte - und dies alles ausschließlich aus Gründen der Nahrungsmittelversorgung. Daran läßt sich sehen, wie wichtig eine geordnete Versorgung - auch schon zu jener Zeit - war. Moritz von Nassau hatte zwar Vorkehrungen getroffen, jedoch waren diese offensichtlich nicht ausreichend. Die vorliegende Arbeit soll nun die Bemühungen um eine geordnete Versorgung des kaiserlichen Heeres aufzeigen. Es wäre das Thema einer weiteren Untersuchung, zu zeigen, inwieweit das Gelingen oder Nicht-Gelingen der Nahrungsmittelversorgung Auswirkungen auf die militärischen Operationen und Entscheidungen hatte. In einem ersten Teil werden zunächst die Rahmenbedingungen, in denen die gesamte Versorgung zu betrachten ist, dargestellt. In einzelnen Kapiteln werden der Aufbau des Heeres, die Ernährung und die Nahrungsmittelproduktion sowie das Transportwesen betrachtet werden. Die Untersuchung selbst hat zwei Schwerpunkte: Einerseits die Versorgung mit Nahrungsmitteln, wobei auf Grund der Aktenlage nur der Nachschub an Getreide betrachtet werden kann. Andererseits die Versorgung mit sonstigen Gütern, vor allem Rüstungsgütern. Ein besonderer Abschnitt ist dem Geld bzw. dem Geldmangel gewidmet. Bis heute wurde über diese Fragestellung keine umfassende Untersuchung veröffentlicht. Selbst in der 1987 erschienenen Darstellung des Dreißigjährigen Krieges von Geoffrey Parker ist zu dieser Problematik nur zu lesen: „Die Verwalter mußten sich aber auch um die Beschaffung ungeheurer Mengen an jenen schwerfälligen Waffen kümmern, wie sie eine Woche marschiert, als sie am 27. Juni wieder anhielt; in den nächsten drei Tagen wurde die Produktion von frischem Brot „mit großem Eifer“ vorangetrieben, so daß der Vormarsch am 2. Juli fortgesetzt werden konnte. Bei einem weiteren Halt zum Backen drei Tage später entschloß sich Moritz definitiv, zur Maas zurückzukehren, falls es ihm nicht gelänge, bei St Truijen eine Schlacht zu erzwingen. Um den 8. Juli wurde St Truijen in der Tat erreicht, aber dann stellte sich heraus, daß nur sechzehn von den fünfzig Lasten, die der Armee vermeintlich auf dem Wasser folgen sollten, gefunden werden konnten. Mit dem Hunger konfrontiert, entschloß sich Moritz zum Rückzug. Nachdem das übrige Mehl verteilt worden war, begann am 10. Juli der Rückmarsch, der jedoch schon am nächsten Tag gestoppt werden mußte, weil es „außerordentlich heiß“ war. Am 12. Juli hatte die englische Abteilung wieder ihr gesamtes Brot verzehrt und mußte durch die Armee unterstützt werden. Zurück an der Maas erreichte Moritz am 19. Juli eine große Ladung Brot und Käse. Daraufhin entschloß er sich, nach Flandern zu marschieren. Wie auch immer, die Generalstaaten hatten genug von seinem ziellosen Manövrieren; sie verboten kategorisch diese Bewegung, und so widmete sich Moritz der Belagerung von Grave. 14