Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2000-2001 - Acta Ethnologica Danubiana 2-3. (Dunaszerdahely-Komárom, 2001)
1. Tanulmányok - Liszka József: Határok
Acta Ethnologica Danubiana 2-3 (2000-2001), Komärom-Komärno Grenzen Liszka József "Weißt du schon wieder nicht, wo die Grenze ist?” - schimpfe ich mit meinem Sohn. "Doch!"- antwortet er - “hier, bei Komorn Für ihn gibt es eine solche sinnfällige, am eigenen Leibe spürbare Grenze, und zwar die Staatsgrenze. Trotz seiner etwas mehr als neun Jahre ist er schon relativ viel gereist; seit seiner frühesten Jugend, im Auto schlafend, erwachte er immer wieder auf folgenden Zuruf: “Aufgewacht! Wir sind schon an der Grenze”. Diese "Grenze” (die slowakisch-ungarische, ungarisch- österreichische, österreichisch-deutsche, österreichisch-italienische, später slowakisch-tschechische Grenze) bedeutet für ihn die Grenze par exellence. Man weiß auch, die menschliche Kultur/Kulturen wirdAverden im allgemeinen durch Grenzen bestimmt. Unter dem Begriff “Grenze” wird automatisch eine Linie verstanden (im direkten und auch indirekten Sinne): die Linie des “bis hierher und nicht mehr weiter”, in der Wirklichkeit freilich sind solche linearen Grenzen außerordentlich selten. Während unsere Kulturen grundsätzllich durch die in bzw. zwischen ihnen bestehenden Grenzen charakterisiert sind, ist es andererseits nämlich nicht möglich, Typen von Grenzen als scharfe Linien zu definieren. Darauf deutet der Ausdruck “Grenzfall”, der jene Erscheinungen zusammenfasst, die weder auf die eine noch auf die andere Seite einer klaren Definition zu stellen sind. Das sind dann “Grenzfälle”. Solche Grenzfälle können auch Grenzstreifen, Grenzzonen bilden. Es ist zwar richtig, dass die Staatsgrenzen im allgemeinen nur mit einem Pass zu überschreiten sind, aber dieser Übertritt bedeutet noch nicht unbedingt den Eintritt in eine diametral entgegengesetzte Welt. Um bei einem lokalen Beispiel zu bleiben: in beiden Städten (in der ungarischen und auch in der slowakischen Stadt Komorn, also Komárom und Komárno) gibt es in der Nähe des Staatsgrenzenüberganges unzählige Geldwechselstuben. Die Tatsache, dass die Schilder der Geschäfte im slowakischen Komorn vorwiegend zweisprachig sind (slowakisch-ungarisch), ist grundlegend, doch wahrscheinlich nicht ausschließlich den hier lebenden Ungarn mit slowakischer Staatsangehörigkeit (ca. 70%) zu verdanken. Die andere Tatsache, dass im ungarischen Komom die Überschrift eines Schuhgeschäfts auch zweisprachig ist (“Cipő - Obuv”) will die vom Norden kommenden slowakischen Touristen ansprechen. Genauso ist es oft möglich, in beiden Städten sowohl mit slowakischer Krone als auch mit ungarischem Forint zu bezahlen. Es ist also ein gewisser Übergang (eine Grenzenzone, Kontaktzone) zu beachten, auch an den künstlich bestimmten Staatsgrenzen (ähnliche Erscheinungen sind an den meisten europäischen Grenzzonen anzutreffen). 13