Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 1999 - Acta Ethnologica Danubiana 1. (Dunaszerdahely-Komárom, 2000)
Kisebb közlemények - Ág Tibor: A szlovákiai magyar népballada-kutatás múltjából
Zur Geschichte der ungarischen Volksballadenforschung in der Slowakei Tibor Ág Als Ergebnis einer fast fünfzigjährigen Volksmusik-Sammeltätigkeit sind mehr als 15 000 Melodien gesammelt worden. Ein großer Teil davon (mehr als ein Viertel) betrifft die Volksmusik-Tradition der im Neutra-Gebiet liegenden ungarischen Dörfer. Jetzt ist es an der Zeit, dieses reiche Material zu veröffentlichen. Die Melodien sind nach Gattungen und Bräuchen gruppiert, wobei ich die Publikation der Balladen für vordringlich halte. Zu den im Jahre 1979 publizierten Balladen (Ag-Sima 1979) gehörten zwar auch Balladen aus dem Neutra-Gebiet, doch sind während der weiteren Forschungsarbeiten noch andere wertvolle Varianten aufgetaucht, und diese Tatsache ist der Grund für einen neuen Extraband. Dies umso mehr, weil man bereits 1944 daran gedacht hatte, eine Balladensammlung aus dem Neutra-Gebiet herauszugeben. Durch die Materialsammlung wurde ich auf einen Aufsatz von Frantz Zagiba aus dem Jahre 1954 aufmerksam gemacht, dessen Fotokopie mir das Budapester Institut für Musikwissenschaften zugestellt hat (Zagiba 1954). Die Erforschung und Sammlung der Volkskultur der ungarischen Minderheit in der Slowakei in der Zwischenkriegszeit kann anknüpfen an zwei begeisterte Forscher-Persönlichkeiten. Der eine war János Manga; er wurde in Ipolypereszlény geboren, unterrichtete in Engerau und bis Ende des Zweiten Weltkrieges in Ógyalla. Schon in den 30er Jahren organisierte er in Sendungen des Preßburger Rundfunks in ungarischer Sprache Übertragungen der Volksbräuche im Eipel-Gebiet. Mit seinem Schaffen möchte ich mich in dieser Abhandlung nicht befassen, da sein Verhältnis zu SZMKE (Ungarischer Bildungsverein in der Slowakei) bis jetzt noch nicht geklärt ist. Der andere begeisterte Forscher und Sammler ist der Lehrer, Sprachgelehrte und Dialektforscher László A. Arany, der im Rahmen des Instituts der Comenius-Universität auch eine Sammlertätigkeit zur Volksmusik geplant hatte. Die Unterzeichner eines im März 193 8 veröffentlichten Fragebogens zur Vorbereitung einer Volksmusiksammlung waren die Universitätsprofessoren Dr. Orel Dobroslav (Vorsitzender) und Dr. Václav Vážny (Sekretär). Mitglied dieser Forschungsgruppe (Štátny ústav pre ľudovú pieseň v republike československej. Slovenský odbor - Staatliches Institut für Volkslied in der Republik der Tschechoslowakei. Slowakische Abteilung) war u.a. auch František Zagiba, der Stiefbruder von László A. Arany. Während des Zweiten Weltkrieges organisierte Arany unter den Schülern des Preßburger Madách-Gymnasiums einen Selbstbildungsverein, zu dessen aktiven Mitgliedern auch Éva Putz gehörte. Unter Aranys Leitung leistete diese Gruppe Anfang der 40er Jahre eine erfolgreiche Forschungsarbeit in den ungarischen Dörfern der Neutra-Gegend, hauptsächlich in den Dörfern Kolon und Zsére. Außer der Sammlung von Hochzeitsbräuchen (Putz 1944) zeichneten sie auch Volksballaden auf. Unter der Herausgeberschaft des Ungarischen Bildungsvereins der Slowakei erschien 1944 die Balladensammlung von László Fehér unter dem Titel „Volksballaden aus dem Neutra-Gebiet”; es sollte ein Musterbeispiel für die geplante große Sammlung sein. Die vollständige Herausgabe des Balladenbandes konnte wegen der Kriegsereignisse leider nicht verwirklicht werden. Im Jahre 1951 begann ich im Rahmen des ungarischen Kulturbundes (Csemadok) die Volksmusik der ungarischen Minderheit in der Slowakei zu sammeln. Der Kulturbund der Ungarischen Werktätigen in der Tschechoslowakei (Csemadok) wurde auf Vorschlag und mit Unterstützung der Kommunistischen Partei der Tschevchoslowakei im März 1949 in Preßburg gegründet. Ziel der damaligen Machthaber war es, die ungarische Minderheit im Sinne des Sozialismus umzuerziehen und die Dörfer zu kollektivieren. Da aber in der Benennung des Verbandes das Wort „Kultur” enthalten war, mußten sie es hinnehmen, daß man sich auch mit Kultur und Bildung, sogar mit Volkstraditionen und deren Sammlung beschäftigte. Die Tätigkeit der Csemadok erstreckte sich über das ganze von Ungarn bewohnten Gebiet. Zu den Plänen der Csemadok gehörte in der damaligen Zeit auch, eine professionelle Volkskunst-Truppe zu gründen. Die Schaffung eines Programmes für die Gesang- und Tanzgruppe erforderte, die Folklore-Traditionen der in der Slowakei lebenden ungarischen Minderheit zu erforschen und aufzuzeichnen. Als die vokalen Volksmusik-Traditionen gesammelt wurden, waren anfangs die Anwendbarkeit des Melodienmaterials und dessen ästhetischer Wert bestimmend. Erst später, als schon mehrere tausend Melodien gesammelt worden waren, begann ich mich auch für andere Gattungen der Volksmusik-Tradition zu interessieren. Volksballaden traf ich auch schon am Anfang meiner Arbeit, doch erfolgte deren bewußtes Sammeln erst später. 91