Katholischen Gymnasium, Schemnitz, 1854

12 weckt die Begeisterung für das Erhabene, befreiet von vielen Vorurtbeilen, vere­delt das Her;, schärft die Aufmerksamkeit und Genauigkeit bei den wissenschaftli­chen Nachforschungen, übt einen wichtigen Einstuß auf Kunst und Gewerbe aus und lenkt unwillkührlich den Blick auf die Offenbarung der göttlichen Weisheit, Allmacht und Liebe, die in den wunderbaren Werken der sichtbaren Schöpfung sich so herrlich kund gibt. Unbegründet ist daher die Besorgniß, daß der Unterricht in der Naturwis­senschaft bei dem jugendlichen Alter leicht die höheren sittlichen Güter fährden und dem Materialismus Vorschub leisten könne- Diese Besorgniß fände dann statt, wenn bloß das Materielle zur Grundlage aller Bildung genommen würde; allein das Materielle muß durch das Geistige belebt und zu einem vom Worte Gottes durchdrungenen Ganzen verbunden werden. Wie Leib und Seele zusammen die Einheit des Menschen bilden, und ihre Trennung den leiblichen Tod und die leib­liche Verwesung herbeiführt, so geht das Materielle in moralische Verwesung über, lvo es von dem Geistigen abgelöst wird; aber wie die Schönheit des Leibes erst dann zum Ideal der schönsten Form sich gestaltet, wenn es von einer schönen Seele belebt wird: so wird auch das Materielle die Schule der Bildung, wenn das gei­stige Princip es durchwebt und auf das Ewige hinlenkt. Nicht die Natur an sich, sondern nur die Natur, die auf den Geist einwirkt, ist ein taugliches Mittel seiner Bildung, und so weit die Naturwissenschaft solche Mittel bietet, gehört sie in das Gebiet des bildenden Unterrichts. 7. Um den Schüler zur wissenschaftlichen und sittlichen Reife heranzubil­den und für die spezielle Wahl höherer Studien, wie auch für das künftige Be­rufsfach mit begründetem Vertrauen vorzubereiten, wird in den Kreis der Unter* richtsgegenstände, als Ergänzung und Vollendung der durch die obigen Lehrzweige eingeleiteten Bildung, noch die empirische Psychologie und formelle Logik aufge­nommen. Durch jene wird der Gymnasiast, nachdem er die äußere Natur in viel­seitigen Beziehungen kennen gelernt hat, auf die Beobachtung der Vorgänge der inneni geistigen Natur, seines eigenen geistigen Wesens gelenkt und durch Thatsa- chen des Bewußtseins angeleitet, die Seelenthätigkeit ihren verschiedenen Richtun­gen und Entwicklungsweisen nach genau auszumitteln, zu ordnen und zu bestim­men, um hiedurch eine begründete Einsicht in sein geistiges Leben zu gewinnen und zur genauen Erkenntniß seiner selbst zu gelangen. — Durch die formelle Lo­gik wird der Schüler in das wissenschaftliche Denken nach jenen Erkenntnißformen und Grundgesetzen des Verstandes eingeführt, durch welche jede besondere Wissen­schaft bedingt ist. Denn um eine Wissenschaft gehörig zu betreiben und in das Heiligthum derselben einzudringen, ist vielseitige Übung im richtigen Auffassen, scharfes Unheil und gründlicher Schluß nothwendig. Diese allgemeinen Grundsätze aller Wissenschaften sind zwar dem Schüler bei der Behandlung der übrigen Lehr­gegenstände, vorzüglich der Grammatik und Mathematik, bereits praktisch beige­bracht worden, ohne jedoch sie ausgesprochen, abgesondert hervorgehoben, oder in

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