Siklódi Csilla szerk.: Sport Anno (A Sportmúzeum Kincsei 1. Budapest, 1993)

Vermes Lajos a „gáncsos lovag" (Siklóssy László)

daran getan, seine halsbrecherischen Kunststücke auf seinem Fahrrad vorzuführen. Zu dieser Zeit gehörten die Vermes-Kunststücke genauso zu jedem Wettkampf­abschluss, wie der Rákóczi-Marsch zu den Tanzaben­den. Die Palicser Sportwettkämpfe hatten eine sehr eigen­artige Stimmung. Sie glichen eher Volksfesten. Die zeitgenössischen Blätter berichten wie folgt: Zum nachmittäglichen Wettkampf brachten die Eisenbahnen aus Szegedin und Subotice riesige Men­gen von Menschen, so dass viele elegante Damen, die Fahrkarten für die erste oder zweite Klasse gekauft hatten, sich in die Waggons mit der Aufschrift ,,36 Personen oder 6 Pferde" setzen mussten. Unter der Aufsicht von Kálmán Szekrényessy be­tätigte sich auf der Rennbahn ein Totalisator. Ausser­dem fertigte Ottó Stefány mit aussergewöhnlichem Geschick Schnappschüsse an. Die Kämpfe hatten etwas Heimeliges. Familiäres an sich, da bei jedem Start nur 3-5 Teilnehmer anwe­send waren. So ist es erst recht verblüffend, dass sozu­sagen jedes Mal fantastische Rekorde erreicht wurden — wenn man Lajos Vermes' Angaben glauben will. Die sachkundige öffentliche Meinung anerkannte di­ese Berichte jedoch nicht ohne Borbehalte und dies mit gutem Recht. Als wir die Ergebnisse der Wettkämpfe bekannt­gaben, äusserten wir, dass vier Wettkämpfe als nichtig betrachtet werden müssen wegen falschen Raummes­sungen. Das unsportliche Verfahren tadelten wir schonend, ohne unsere Zweifel gegenüber den einzel­nen Resultaten auszudrücken. Obwohl beim Renner über 1 englische Meile offiziell konstatiert wurde, dass der Sieger aus Versehen nur 1056 Meter und 85 Zentimeter bewältigte, wird dieses Ergebnis für den Einlauf von 1609 Metern festgehalten. Diesbezüglich finden wir es lehrreich, die schmähenden Zeilen eines Wiener Sportblattes kundzugeben: ..Das Resultat (1 englische Meile = 4 Minuten und 26 Sekunden) sind wir gezwungen, öffentlich zu bez­weifeln, da entweder die Zeitmessung oder die Länge der Bahn nicht stimmen konnte. Es gibt keinen Men­schen in Ungarn, der die Bestzeit über 1 englische Meile bis zu 10 Sekunden annähern könnte. Diese Tat­sache nimmt man in Ungarn allerdings aid" die leichte Schulter, auch nur schon deshalb, um gute Ergebnisse aufzeigen zu können." Zu den bekanntgegebenen Fällen zählt Aladár Ro­honczy's Rekord über 100 Meter Schwimmen in Jah­re 1885. Er erreichte damals eine Zeit von 1 Minute 9 Sekunden, das Lajos Vermes selbst am 10. Januar 1886 in der Zuschrift des Londoner Athletik Clubs für umöglich erklärte, da zu dieser Zeit der Weltre­kord bei 1 Minute und 29 Sekunden stand. Es kam aber auch vor, dass der Wettkampforgani­sator Lajos Vennes „hochgenommen" wurde, wor­über er selbst in etwas beleidigtem Ton berichtete: „Ein Badeort, wie Palics, kann seinem Ruf nur dann gerecht werden, wenn er die Regeln des Wohl­wollens und der Bildung gegenüber seinen Badegästen stets vor Augen hält. Während der Veranstaltun muss­ten wir das Gegenteil erfahren. Einige Unannehmlich­keiten wurden von der aufgegrabenen Rennbahn noch bei weitem übertroffen. Die Ergebnisse des Fahrrad­rennens blieben hinter denjenigen der Fussgänger zu­rück!" Wie kann man so ein solches Resultat bekanntge­ben, das der Londoner Athletik Club - wenn schon nicht anerkennt - zumindest als Protesterhebung zu würdigen weiss. Es trafen ihn noch schlimmere Anschuldigungen, deshalb zog er es vor, seinen Standort zu wechseln und seine Tätigkeiten nebst einheitlich begeisterten Unterstützung fortzusetzen. Seinen Rückzug aus Su­botice gab er mit kuriosem Grund bekannt. In der lo­kalen Zeitung liess er folgendes drucken: ,,Lajos Vennes war seit 4 Jahren Lehrer am Haupt­gymnasium von Subotice als er abdankte. Der Grund war, dass ihn der Cyclists Touring Club zum Konsul der Wettkampforganisation über das Gebiet von Un­garn, Rumänien und Serbien erkor. Ein Konsul kann nach Auffassung eines Ehrenmannes nur Amateur sein." Vennes war davon überzeugt, dass das Volk keine Ahnung hatte, wovon eigentlich die Rede war und sich deshalb vor ihm, dem Konsul der Wettkampforganisa­tion über 3 Länder, neigen würde. Vielmehr aber be­lächelten sie ihn. Vennes wollte einmal mehr mit

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