Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)
Auswertung
der deutschen Kollegen entgangen. Infolge des heftigen Widerspruchs hat Imre Holl sich korrigieren müssen; er unterstrich noch einmal, nicht von einem Budaer Meister, sondern vom Meister des Ofens mit Rittergestalten zu Buda sei bei ihm die Rede gewesen. 338 Letztlich ging er aber doch weiter und stellte aufgrund der Verbreitung ihrer Originalerzeugnisse - auch ohne Werkstattfunde als Beweise für die einheimische Kachelproduktion - fest, daß die Werkstatt des Budaer Ofens mit Rittergestalten auf ungarischem Boden (vielleicht, aber nicht unbedingt in Buda) tätig war 339 , wobei sie von einem eingewanderten ausländischen Meister gegründet worden sein dürfte. 340 Die neueste ungarische Forschung trat zumeist in Holls Fußstapfen. Sarolta Szatmári hat die Ofen mit Rittergestalten ausgesprochen als Produkte einer Budaer Werkstatt bestimmt, wobei sie die Priorität mancher Motive - so auch des baumbewachenden Löwen - im Bodenseeraum nicht bezweifelt. 341 Die Herkunft des gemeinsamen Motivschatzes meint auch István Feld im Bodenseeraum und am Oberrhein gefunden zu haben, was laut seiner Auslegung aber noch nicht bedeutet, daß auch die Kacheln der ungarischen „Ritteröfen" selbst dort geformt worden wären; z.B. könne Osterreich bei der Lokalisierung der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten gleichfalls in Frage kommen. 342 Die deutschsprachigen Experten, unabhängig davon, ob sie das diesbezügliche ungarische, böhmisch-mährische und slowenische Material kannten oder nicht, betonten beim Auftauchen der behandelten Motive die Priorität der westlichen Region. Alfred Walcher v. Molthein, von dem noch am Anfang unseres Jahrhunderts die ersten baumbewachenden Löwen publiziert wurden, meinte, die Komposition sei in Süddeutschland heimisch. 343 Auch die jüngeren Forscher sprachen sich dafür aus, daß man die Provenienz der Mehrheit der später zum Gemeingut gewordenen Motive in der Zone zwischen den nördlichen Füßen der Alpen und dem Bodensee zu suchen hat. Die Ansicht ihrer Abstammung aus Stein am Rhein oder aus Schaffhausen vertritt Konrad Strauss. 344 Laut Rosemarie Franz handelt es sich um Produkte bzw. Erfindungen einer oberrheinischen Werkstatt, die eventuell in Basel oder in Ravensburg beheimatet war, und deren Auswirkungen bis nach Buda reichten. Das heißt, die Hafner des Ofens mit Rittergestalten scheinen das Motiv des baumbewachenden Löwen aus dem Bodenseegebiet oder aus Basel bezogen zu haben - jedenfalls aus jener Werkstatt, aus der die Öfen mit freistehenden baumbewachenden Löwen als Bekrönungskacheln hervorgegangen sind. 345 Ihrer Meinung schließt sich auch Dietrich Lutz an, wenn er einem in Öhringen (in der Nähe von Heilbronn, BW, Deutschland) gefundenen Negativ, das zur Modellierung einer Ritterkachel Budaer Typs gedient hat, oberrheinische Herkunft zuschreibt. 346 Zwischen den beiden oben beschriebenen extremen Standpunkten bezieht Pavel J. Michna Stellung, indem er behauptet, daß sowohl die mährischen als auch die ungarischen Rosettenkacheln auf gemeinsame Prototypen, nämlich auf die fünfblättrigen Rosetten der oberrheinischen Werkstätten zurückzuführen seien, und daß die Rolle der Werkstatt des Budaer Ofens mit Rittergestalten zum Teil in der Übermittlung oberrheinischer Einflüsse in Richtung Mährens bestanden habe. 347 Von zwei Ausnahmen dieses Kreises des Ofens mit Rittergestalten war in diesem Zusammenhang noch nicht die Rede. Die erste ist der dem Lindauer ähnliche Preßburger Ofen; wenn auch nicht seine Kacheln, so doch deren Model müssen unmittelbar von einer Werkstatt des Bodenseeraumes oder des Oberrheingebiets (Stein am Rhein?, Basel?, eventuell Zürich?) in diese Donaustadt geliefert worden sein. Die zweite Ausnahme bildet die Friedrichskachel von