Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Auswertung

Kaposszentjakab. Obwohl der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten dieses Motiv fehlte, ist es dennoch - wenn auch nur in einem Exemplar - nach Ungarn gelangt. Da es sicher nicht von einer organischen örtlichen Entwicklung her­rührt, neigen wir dazu, diesen Kacheltyp - zwar mit österreichischer Vermittlung - aus der Schweiz herzuleiten. Während es also der früheren Forschung bei den anderen Typen des Kreises der Ofen mit Rittergestalten nicht gelang, eindeutig zu entscheiden, ob der verwandte Musterschatz aus der Schweiz nach Ungarn oder aus Ungarn in den süddeutschen Raum gelangte, ist diese Kaiserdarstellung - von einem ungarischen Hafner oder Formschneider nach schweizerisch-öster­reichischen Vorbildern modelliert - das einzige Motiv in der östlichen Region, das direkt aus dem Bodenseeraum „entliehen" wurde. 348 Zur Frage der Herkunft der Medaillonkacheln hat man bislang keine erhitzten Auseinandersetzungen geführt, was wohl nur der Tatsache zu verdanken ist, daß die ungarischen Exemplare erst vor kurzem veröffentlicht worden sind. Ihre schweizerischen Pendants wurden sozusagen automatisch einer lokalen oder in der Nähe des Fundortes befindlichen, aber auf jeden Fall schweizerischen 349 Werkstatt zugeschrieben, was in Anbetracht der Werkstattfunde meist nicht zu bestreiten ist. Am wenigsten glaubwürdig erscheint uns die Beimessung der Hall­wilschen (und Neuenburger) Kacheln einem Bremgartener Meister namens Michael Frueg, obwohl die Hausrechnungen des Schlosses wirklich darüber be­richten, daß 1464 ein Bremgartener Hafner bezahlt und 1466 ein Ofen aus Bremgarten nach Hallwil geliefert wurde. 350 Sicher nicht akzeptabel ist dabei der Versuch, sämtliche Pelikankacheln — unabhängig davon, wo sie zum Vorschein kamen - als Fruegs Werke zu definieren. 351 Demgegenüber gilt es als absolut sicher, daß Zürich im 15. Jahrhundert ein Zentrum des Kachelgewerbes war, und daß an mehreren Punkten der Stadt (Rennweg, Oetenbach usw.) Hafner tätig waren, die die Abfälle ihrer Werkstatt vor allem in der Aufschüttung des Linden­hofes deponierten; viele von ihnen sind auch dem Namen nach bekannt. 352 Zwar werden immer wieder Identifizierungsversuche unternommen, doch wird man wohl nie zufriedenstellend entscheiden können, ob es Peter Morgenstern, Hans und Kilian Kegler, Heini Keller oder alle vier waren, die ihre Fehlbrand­stücke, Halbfabrikate und allerleie Scherben vor der Einebnung des Lindenho­fes dort aufgeschüttet haben. Die Produkte der einzelnen Werkstätten sind umso schwieriger abzusondern, weil unter ihnen gewisse Verbindungen, ja sogar Konti­nuität zu beobachten waren. Im Hause Niederdorfstraße 68/70, wo ein u.a. aus Ofenkacheln bestehender Keramikfund freigelegt wurde 353 , lebte 1442 noch ein gewisser Peter Morgenstern, im Jahre 1455 aber schon „ein Heini Keller, Hafner". 354 Letzterem hat Rudolf Schnyder die ersten polychromen, zinnglasier­ten Kacheln in der Schweiz beigemessen 355 ; er mag die Werkstatt von Peter Mor­genstern übernommen haben. Dieser war 1444 in die Oetenbachgasse gezogen, wo er bis zu seinem Tode (1468) gleichfalls eine andere Werkstatt - die des 1439 verstorbenen Dietrich Kegler - weitergeführt hat 356 ; sein Nachfolger war sein Sohn Hans. 357 Allerdings leitete Rudolf Schnyder die Medaillonkacheln, unter denen sich viele Fehlbrandstücke befinden, zuerst aus Hans und Kilian Keglers Werkstatt auf dem Rennweg her 358 , brachte sie später aber mit Peter Morgen­stern in Zusammenhang. 359 Einer dieser Werkstätten schrieb Hugo Schneider eine grünweiß glasierte Rosettenkachel von Alt-Regensberg (ZH; SLM 26 829-c, Variante C I) zu 360 , deren mit dem gleichen Negativ gepreßte Analogien in Zürich an mehreren Fundstellen zum Vorschein kamen. Obwohl er einen Heiny Hafner erwähnt, der 1455 auf dem Berg zu Wädenswil gewohnt hat, nimmt Peter Ziegler an, daß die Wädenswiler Medaillonkacheln ebenfalls Produkte einer

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