Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - II. Medaillonkacheln - e. Hortus conclusus, Gabriel als Jäger - f. Hieronysmus

Einhorn, Jungfrau) mit den obigen Varianten identisch ist, auf der aber die Zwickel mit Einschnitten (?) geschmückt sind. 206 Dementgegen verkörpert Variante C (Abb. 109) eine grundlegend abweichen­de, schon fast profan wirkende Auffassung des ikonographisch gleichen Themas. Einer Interpretation zufolge könnte diese nackte bzw. als Wildfrau gezeigte weib­liche Figur die unreine Liebe symbolisieren, wogegen die modisch gekleidete Jungfrau ein Sinnbild des reinen Liebesgefühls sei. 207 Das von uns inventarisier­te Ensemble dieser Kacheln kann mit zwei anderen erweitert werden. Die erste ­gleichfalls eine grünglasierte, quadratische Blattkachel - wurde beim Umbau der Häuser Storchengasse 8./Wühre 11. in Zürich ans Tageslicht gebracht. 208 Die zweite - eine olivgrün glasierte Blattkachel - stammt merkwürdigerweise aus Bozen (ital. Bolzano; Südtirol, Italien); ihr Model wurde laut Konrad Strauss aus der Schweiz zum Fundort gebracht. 209 Als ihre gemeinsame Vorlage hat allem Anschein nach das Tier-Dame-Blatt des kleineren Kartenspiels des Meisters E.S. (Abb. 110) gedient. 210 Im ungarischen Kachelmaterial konnte keiner der drei Typen nachgewiesen werden. Bei der Hortus conclusus-Szene wird in der einschlägigen Literatur die Rolle der Vorlagen wenn möglich noch nachdrücklicher betont als bei den anderen Medaillonkacheln. Unter den graphischen Vorlagen werden in erster Linie die Stiche des Meisters E.S. herangezogen 211 , wobei auch ein anderer, in diesem Zu­sammenhang selten genannter Kunstzweig in den Kreis der potentiellen Vorla­gen einbezogen wird, indem Konrad Strauss die Tatsache hervorhebt, daß es vor allem die Textilkunst (Bildteppiche, Stickereien) war, wo sich diese Darstellung größter Beliebtheit erfreute, und die auch der Kachelkunst zugrunde gelegen haben mag. 212 e. Hortus conclusus, Gabriel als Jäger Wie schon im letzten Punkt vorausgeschickt, verschmolzen im Spätmittelalter die Darstellung des Hortus conclusus und von Maria Verkündigung zu einem Bild, Maria wurde mit der Jungfrau, der Verkündigungsengel mit dem Jäger identifi­ziert. Nun sehen wir auf dem Pendant des im vorangehenden Kapitel beschriebe­nen Typs Gabriel als Jäger, der mit seinen Hunden das Einhorn in den geschlos­senen Garten treibt (Abb. 111). Diese Hunde - auf der behandelten Kachel sind lediglich drei abgebildet, ursprünglich waren es aber vier - verkörpern die göttli­chen Eigenschaften, die bei der Erlösung eine Rolle spielen sollten: die Wahrheit (Veritas), den Frieden (Pax), die Barmherzigkeit (Misericordia) und die Gerech­tigkeit (Iustitia). 213 Aufgrund der gleichen formalen Merkmale, des gemeinsamen Fundortes und nicht zuletzt der thematischen Zusammengehörigkeit gilt es als sicher, daß die Wädenswiler Gabrielkachel am Ofen neben der Variante A der die Jungfrau mit dem Einhorn darstellenden Kachel stand. An eine ähnliche Anordnung kann bei dem grünglasierten, gotischen Turmofen des Klosters St. Anna in Wyden, des Schwesternhauses von Jona (SG) gedacht werden, wo zusammen mit der vorge­stellten Jungfraukachel auch ein Fragment von Gabriel gefunden wurde 214 - die einzige Analogie der Wädenswiler Kachel. f. Hieronymus Der Heilige, der in der Einsamkeit einen Stachel aus der Pranke eines Löwen

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