Judit Tamás: Verwandte typen im schweizerischen und Ungarischen kachelfundmaterial in der zweiten hälfte des 15. jahrhunderts (Művészettörténet - műemlékvédelem 8. Országos Műemlékvédelmi Hivatal,1995)

Übersicht - II. Medaillonkacheln - g. Papst Gregor - h. Gottesmutter mit Gotteslamm - i. Pelikan Wappenhaltende

zog, ihn pflegte und dadurch die Treue und Freundschaft des geheilten Tieres erwarb 215 , wird zu den vier großen lateinischen Kirchenvätern gezählt; er reprä­sentiert also eine andere ikonographische Serie, die der Kirchenväter. So ist er auf den besagten Wädenswiler (ZH) Kacheln (Abb. 112) nicht als Eremit darge­stellt: er trägt seine kirchliche Prunktracht. Diese Darstellungsweise mag in der graphischen Vorlage wurzeln, die u.E. vom Formschneider für das Kachelmodell verwendet wurde: auf diesem Kupferstich des Meisters E.S. (1466) ist Johannes der Täufer mit dem Gotteslamm, umgeben von den Evangelistensymbolen und Kirchenvätern, abgebildet (Abb. 113) . 216 Analogien zu dieser Kachel sind uns weder auf schweizerischem, noch auf un­garischem Boden bekannt. g. Papst Gregor Seine Figur (Abb. 115) ist das zweite Mitglied der ikonographischen Gruppe der Kirchenväter. Dieselben äußeren Merkmale, die Größe, der gemeinsame Fundort (Wädenswil, ZH), vor allem aber der thematische Zusammenhang und die gleiche graphische Vorlage vom Meister E.S. 217 veranlassen uns, diesen Typ als das Paarstück der Hieronymuskacheln anzusehen; sie müssen in der Ofenwand nebeneinander gestanden haben. Verwandt sind sie auch in dem Sinne, daß es unseren heutigen Kenntnissen nach zu den Gregorkacheln ebenfalls keine Ana­logien gibt. h. Gottesmutter mit Gotteslamm Das Lamm mit Kreuz gilt immer als ein Christussymbol. 218 Als solches gehört der Typ ikonographisch zu den Pelikankacheln. Die katalogisierten Exemplare beider Fundorte - Frauenfeld - Oberkirch (TG; Abb. 117), Wädenswil (ZH; Abb. 118) - halten wir für Erzeugnisse derselben Werkstatt, ja sogar für Abdrücke derselben Preßform. Das wird nicht zuletzt dadurch bekräftigt, daß die Seitenwände des Rumpfes aller Kacheln die gleiche Riefelung tragen. Weitere Vergleichsstücke waren nicht zu finden. i. Pelikan Wiederum ist es Physiologus, der darüber berichtet, daß der Pelikan, der seine eigenen Jungen getötet hat und eine tiefe Reue fühlt, mit dem Schnabel seine Brust aufreißt und mit dem herausströmenden Blut die Jungen zu neuem Leben erweckt. Deshalb wurde er in der christlichen Kunst ein weitverbreitetes Symbol für den Tod des Erlösers am Kreuz, für die Opfergabe Christi. 219 Als Kachelver­zierung läßt sich seine Spur auf ungarischem Boden von allen Motiven der schweizerischen Medaillonkacheln am weitesten verfolgen. Bevor wir uns aber seinem ungarischen Abkömmling zuwenden, wollen wir die vier typologischen Varianten der schweizerischen Pelikankacheln mitsamt ihren Analogien analysie­ren. Ihr gemeinsames Kennzeichen ist, daß auf ihnen der mythische Vogel - im Gegensatz zu einem Kacheltyp der Werkstatt des Ofens mit Rittergestalten 220 ­immer allein, d.h. ohne Nest und Jungen erscheint. Die Varianten C (Abb. 121) und D (Abb. 122) konnten keinesfalls Vorbilder der im weiteren noch zu diskutierenden ungarischen Kacheln gewesen sein. Desto mehr Interesse verdienen hinsichtlich der ungarischen Beziehungen die Untergruppen A (Abb. 119) und B (Abb. 120). Bei B beträgt die Brennschwin-

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