Magyar Műemlékvédelem 1969-1970 (Országos Műemléki Felügyelőség Kiadványai 6. Budapest, 1972)
BEVEZETŐ - Dercsényi Dezső: A magyar műemlékvédelem 100 éve
konnte sich die durch Gerevich inaugurierte und aus italienischen Vorbildern bekannte neue Restaurierungspraxis in Ungarn um so leichter durchsetzen. Die durch diese Anschauung der Denkmalpflege eingeführten Neuerungen haben wir in zwei Querschnitten bereits erörtert, und wenn wir jetzt die eingetretene Wandlung in den Wiederherstellungsmethoden veranschaulichen wollen, so können wir das Überhandnehmen der wissenschaftlichen Anschauungsweise hervorheben. in der ungarischen Kunstgeschichtsforschung war zu jener Zeit das Bedürfnis bereits entschieden vorhanden, im Interesse der besseren Kenntnis der historischen und Kunstdenkmäler unserer Vergangenheit großangelegte Ausgrabungen vorzunehmen. Neben der bis dahin vorzugsweise prähistorischen, provinzrömischen und völkerwanderungszeitlichen Archäologie wurde die Archäologie des ungarischen Mittelalters jene wissenschaftliche Basis, auf die sich die neue Methode der Wiederherstellungen stüzen konnte. Die Ausgrabung der Basilika in Székesfehérvár und das Darbieten ihrer Reste ein einem Ruinengarten bzw. Ausstellen der Skulpturenfunde ein einem Lapidarium, ferner die Schaustellung der Mosaiken der sog. QuirinusBasilika von Szombathely in einem Schutzbau, der Beginn der Ausgrabungen des Mathias-Palastes in Visegrád sowie die Konservierung der dortigen Funde dokumentieren diese Bestrebungen. Mit Recht wird indessen vorzugsweise auf die Ausgrabung und Wiederherstellung der königlichen Burg in Esztergom als auf ein zu befolgendes Vorbild hingewiesen. Die Wiederherstellung des romanischen Königspalastes in Esztergom, vor allem der Kapelle, beschränkte sich nämlich nicht nur auf die Konservierung der vorgefundenen Ruinen, sondern war bereits eine wissenschaftlich ansjjruchsvolle Rekonstruktion. Die wissenschaftliche Grundlage zur Anastylose der Kapelle lieferten außer den bis zu einer beträchtlichen Höhe erhaltenen Mauern und Stützen auch die auf dem Boden gefundenen Rippen und die sorgfältige Untersuchung ihrer Bruchflächen, ferner die durch die zwei aufeinander folgenden Bemalungen gebotene Kontrollmöglichkeit (Abb. 4). An anderen Stellen, wie beispielsweise im sog. Saal des Bischofs János Vitéz, wo nach Ansicht von Kálmán Lux und Tibor Gerevich die Vorbedingungen zu einer ähnlichen Rekonstruktion fehlten, wurde eine einfache Stahlbetondecke angefertigt. Die Verwendung von modernen Konstruktionen [das Gewölbe der Kapelle wurde auf eine nicht sichtbare (verdeckte) Stahlbetondecke gehängt | und ihre Schaustellung, wo dies angebracht war, wie im vorerwähnten Saal, sind Beispiele der zeitgemäßen Wiederherstellungpraxis, die man auch heute noch gutheißen kann. Desgleichen auch die Neuerung, daß für die Ergänzungen (ágens zu diesem Zweck angefertigte flache Ziegel verwendet wurden. Auf diese Weise erhält, der Betrachter einen vollen Eindruck vom Raum, und sogar der Laie vermag leicht zu unterscheiden, was vom Alten erhaltenblieb und was der wiederherstellende Architekt hinzugefügt hatte. Die prächtigen Fresken in Esztergom aus dem Trecento und Quattrocento gaben Anlaß dazu, die modernen Prinzipien der Restaurierung von Wandgemälden anhand der Arbeit eines italienischen Fachmanns in Ungarn bekannt zu machen. Zu dieser Zeit war in Ungarn die Restaurierung von Denkmälern der bildenden Künste, wenn möglich, in einer noch schlimmeren Lage, als die Wiederherstellung von Bauwerken. Statt zu konservieren, war das Übermalen der Fresken allgemein üblich. So war denn die Einladung des Restaurators Mauro Pelliciöli aus Mailand und die Ausbildung von jungen ungarischen Fachleuten unter seiner Anleitung der einzig gangbare Weg, um eine Wandlung auf diesem Gebiet herbeizuführen. Pelliciöli hatte übrigens nicht nur in Esztergom, sondern auch mit der Restaurierung der mittelalterlichen Fresken der Stiftskirche von Ják und der Meisterwerke von Maulbertsch in der Pfarrkirche von Sümeg, die zu befolgende italienische Methode illustriert. Die gesellschaftliche Wandlung, die 1945 in Ungarn stattfand, machte sich natürlich auch in den Wiederherstellungsverlähren fühlbar. Doch während — wie wir gesehen haben — erst ein neues Gesetz und neue Rechtsnormen geschaffen, eine neue Organisation ins Leben gerufen und im Interesse der Erschließung und des Schutzes des Denkmalbestandes neue Forschungen in Gang gesetzt werden mußten, bestand die Aufgabe hinsichtlich der Wiederherstellungsmethode lediglich in der Weiterentwicklung der von István Möller, Tibor Gerevich und Kálmán Lux bzw. dessen früh verstorbenen Sohn Géza Lux bereits erfolgreich angewandten Verfahren. Die Weiterentwicklung bestand in den neuen Forschungsmethoden, in der Ausbreitung des Schutzes von einzelnen Denkmälern auf ganze Komplexe und Stadtteile, in der streng wissenschaftlichen und zugleich beeindruckenden Art der Wiederherstellung und Darbietung sowie in den engen Beziehungen zu der modernen Architektur. Zunächst einige Worte zu diesen Fragen. In der Verfeinerung der Forschungsmethoden spielten die Archäologie und die Mauererschließungen eine bedeutende Rolle. Während bis 1945 die archäologischen Ausgrabungen auf die bloße Freilegung der Mauern des Baudenkmals und des wertvollen Fundmaterials ausgerichtet waren, ist heute die Beobachtung und Bestimmung der verschiedenen Bodenschichten, die altersbestimmende Rolle der Funde, die Feststellung der ursprünglichen Fußbodenniveaus das primäre Ziel. Eine sehr beachtenswerte methodologische Wandlung brachte die Mauererschließung von Gebäuden mit nahezu archäologischen Verfahren, zu der — leider — auch die »Schäden des zweiten Weltkrieges reichlich Möglichkeit boten. Unter dem Verputz aus neueren Perioden kamen zu Hunderten mittelalterliche Details zum Vorschein und, was hinsichtlich der Méthode; noch wichtiger ist, die Spuren der Baugeschichte konnten von den Mauern abgelesen werden. Die verfeinerten Forschungsmethoden boten eine sichere wissenschaftliche Grundlage für die Restaurierungen, bisweilen sogar für eine übertriebene Schaustellung. Im ungarischen Denkmalbestand sind die mittelalterlichen Objekte relativ selten, und diese vertreten im allgemeinen ein höheres künstlerisches Niveau, als die Architektur des 18. Jh. und 19. Jh. Manchmal brachte die Absicht, durch kleine Fragmente gleichzeitig mehrere Bauperioden zu veranschaulichen, Fassaden zustande, die einen museumsartigen Eindruck ergaben, anstatt eine architektonische Einheit zu bilden. Die grundlegende Tendenz unserer Wiederherstellungsverfahren war indessen, das Denkmal als Bauwerk zu betrachten, und von dessen wissenschaftlich ermittelter Geschichte nur solche bedeutende Details sichtbar zu machen, die die Einheit des architektonischen Objektes nicht beeinträchtigen. Im wesentlichen ist die Forderung, daß die Wiederherstellung beeindruckend sei, ein ähnliches Bestreben. Damit ist aber nicht nur der Anspruch auf ästhetische Wirkung der architektonischen Erscheinungsform, auf die bestmögliche Veranschaulichung des ursprünglichen Raumes bei der Konservierung von Ruinen gemeint, sondern auch die Wichtigkeit der Erhaltung von Originalteilen, auch wenn sie beschädigt sind. Wir sind der Ansicht, daß eine Skulptur, wie beschädigt oder verstümmelt sie auch sein mag, das historische Erlebnis des »Originalen« vermittelt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Übergang von dem Schutz einzelner Denkmäler zu der Bewahrung ganzer Komplexe eine allgemein europäische, man könnte sagen, weltweite Tendenz, die ihre höchste Form in der stadtumfassenden Denkmalpflege erreichte. 30 Die Wirkung dieser Tendenz auf die Methodik der Wiederherstellungen läßt sich am besten in der Symbiose (im Zusammenleben) der Architektur der Vergangenheit und der Gegenwart erfassen. Die stadtumfassende Denkmalpflege wirft im Zusammenhang mit der Errichtung von Neubauten an der Stelle zerstörter alter Häuser unum-