Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. IV. Band: Vertebrata (Mammalia) (München und Leipzig, 1891-1893)
5. Classe. Mammalia. Säugethiere - Gebiss
44 V ertebrata. Gebrauch. Diesen wenigen rnonophyodonten Formen steht die grosse Mehrzahl der übrigen diphyodonten Säuger gegenüber, bei denen ein Zahnwechsel stattfindet. Die Ersatzzähne bilden sich jedoch nicht wie bei Fischen, Amphibien und Reptilien das ganze Leben hindurch, sondern nur ein einzigesmal; sie verdrängen die zuerst vorhandenen sogenannten Milchzähne und treten als definitives oder Ersatzgebiss (Dauergebiss) an deren Stelle. Im Milchgebiss werden ebenfalls Schneidezähne, Eckzähne und Backzähne unterschieden, wovon die beiden ersteren fast immer mit ihren Ersatzzähnen in Zahl und Form übereinstimmen, während die Milch-Backzähne stets in geringerer Anzahl vorhanden sind und in ihrer Ausbildung häufig mehr den hinteren ächten Molaren, als den Praemolaren des Ersatzgebisses entsprechen. Den ächten (d. h. hinteren) Molaren des definitiven Gebisses gehen niemals Milchzähne voraus , dagegen werden die Milchbackzähne durch Praemolaren verdrängt. Nicht immer folgen sämmtlichen Zähnen des Milchgebisses Ersatzzähne. Bei Hufthieren treten z. B. häufig nur drei Praemolaren an Stelle von vier Milchbackzähnen , ja bei den Beutelthieren wird nur ein einziger (der letzte) Milchbackzahn ersetzt, die vorderen bleiben dauernd in Funktion, vertreten die Praemolaren der übrigen Säugethiere und werden meist auch als solche bezeichnet 1), obwohl sie streng genommen dem Milchgebiss angehören. Ueber die Deutung des Milchgebisses herrschen verschiedene Meinungen. Während die meisten Autoren darin das ursprüngliche Gebiss, gewissermassen eine Ueberlieferung oder Erbtheil der ersten Bezahnung der Reptilien erkennen, betrachten Andere (Flower, Oldfield u. A.) dasselbe als eine nur den Säugethieren eigenthümliche Zuthat und wieder Andere (Baume) als Theile des definitiven Gebisses, welche durch Kieferverkürzung aus der Zahnreihe gedrängt und zu früherem Erscheinen gezwungen worden seien. x) Zur Abkürzung bezeichnet man mit J oder i die Schneidezähne, mit C oder c die Eckzähne, mit Pm oder P (pm oder p) die Praemolaren, mit M oder m die Molaren des definitiven Gebisses. Die Milchzähne werden mit D oder d, oder wenn Schneide-, Eck- und Backzähne unterschieden werden sollen, mit Di oder di, De oder de und Dm oder dm bezeichnet. In der Regel zählt man die Zähne von vorne nach hinten (also ü- i 2- i 3, m 1. m% m 3.), nur bei den Praemolaren zählen manche Autoren von hinten nach vorne, so dass z. B. p 4 oder pm 4 der gebräuchlicheren Zählung alsdann p 1 entspricht. Sollen obere und untere Zähne unterschieden werden, so geschieht dies dadurch, dass entweder die Zahlen hinter dem Zeichen des betreffenden Zahnes über oder unter die Ebene desselben gestellt werden (also p 1 oder p,. m 2 oder m 2) oder dass das Symbol für obere Zähne unterstrichen, jenes für untere mit einem darüberliegenden Strich bezeichnet wird ( P 1 oder P l ).