Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. IV. Band: Vertebrata (Mammalia) (München und Leipzig, 1891-1893)
5. Classe. Mammalia. Säugethiere - Gebiss
Mammali a. Säugethiere. 43 bei den Walen, Ameisenfressern und Schnabelthieren eine Zerkleinerung der Nahrung überhaupt nicht erforderlich ist; eine gleichförmige Ausbildung aller Zähne (Isodontie) kommt nur bei Meersäugethieren (Zahnwalen, Delphinen) vor, deren Zähne, wie die der meisten niedern Vertebraten, lediglich zum Festhalten der Nahrung dienen. Weitaus die meisten Säugethiere besitzen ein »anisodontes« differenzirtes Gebiss, dessen Zähne sich in den beiden Kieferhälften symmetrisch wiederholen und im Ober- und Unterkiefer grosse Aehnlichkeit, wenn auch nicht völlige Uebereinstimmung aufweisen. Die im Zwischenkiefer und in der Symphyse des Unterkiefers eingepflanzten stets einwurzeligen oder mit persistenter Pulpe versehenen Zähne heissen Schneidezähne (dentes incisivi, Incisivi J). Auf die Fig. 27. Gebiss eines anisodonten Säugethieres (Schwein) mit Schneidezähnen (i), Eckzähnen (c), Praemolaren (p) und Molaren (m). Die äussere Knochenwand der Kiefer ist beseitigt (aus NicholsonLydekker). Schneidezähne folgt jederseits im Oberkiefer unmittelbar hinter der Zwischen- und Oberkiefernaht ein meist conischer, einwurzeliger Eckzahn (dens caninus oder lauiarius C), dem im Unterkiefer ein ähnlich geformter Zahn entspricht, welcher bei geschlossenem Kiefer unmittelbar vor dem oberen Eckzahn eingreift. Hinter dem Eckzahn beginnen die Backzähne (dentes molares), wovon die vorderen meist etwas einfacher gebauten als Lückenzähne oder Praemolares (Molares spurii P), die hinteren als ächte Molar eil (Molares veri m) bezeichnet werden. Sind in einem Gebiss sämmtliche Sorten von Zähnen vorhanden, so gilt dasselbe für vollständig; es ist unvollständig, wenn entweder Schneidezähne, Eckzähne oder Backzähne fehlen. Bei den Zahnwalen, Sirenen und den meisten Edentaten bleiben die einmal vorhandenen, meist sehr einfachen Zähne zeitlebens in