Karl Alfred von Zittel: Handbuch der Palaeontologie. 1. Abtheilung, Paleozoologie. II. Band: Mollusca und Arthropoda (München und Leipzig, 1885)

V. Stamm. Mollusca, Weichthiere - B. Mollusca (s. str.) - 1. Classe. Lamellibranchiata. Blätterkiemener, Muscheln

14 Mollusca. Lamellibraucliiata. Da sich im Allgemeinen die fossilen Lamellibranchiaten mehr oder weniger eng an die jetzt lebenden anschliessen, so dürfen dieselben, allerdings mit Vorsicht, zur Ermittelung klimatischer und paläo-geographi­scher Verhältnisse verwerthet werden. Derartige Folgerungen erlangen eine um so sicherere Grundlage, je mehr eine Ablagerung zeitlich der Gegenwart nahe gerückt ist und je enger ihre fossilen Muscheln sich an Formen der Jetztzeit anschliessen. Classification. Bei der grossen Verbreitung der Lamellibranchiaten in den Meeren und süssen Gewässern der Jetztzeit hat sich die Systematik naturgemäss stets vorherrschend auf die recenten Formen gestützt, und die Paläon­tologie wird bei dieser Molluskenclasse um so mehr in Abhängigkeit von der Zoologie bleiben müssen, als ihr bei den fossilen Muscheln lediglich nur die Schalen zur Verfügung stehen. Auf letztere waren allerdings auch die älteren conchyliologischen Systeme fast ausschliesslich auf­gebaut; erst später fanden die anatomischen Verhältnisse gebührende Berücksichtigung. Je nachdem nun dem einen oder anderen Merkmal grösseres oder kleineres Gewicht beigelegt wurde, entstanden eine Reihe systematischer Versuche. Linné fasste die Lamellibranchiaten unter dem Namen Conchae zusammen und unterschied 14 Gattungen, die alle noch jetzt, allerdings in sehr eingeschränkter Weise, angenommen werden. Im Gegensatz zu Linné, welcher das Hauptgewicht auf die Form der Schalen und besonders auf die Beschaffenheit des Schlosses legte, stellte A dan son im Jahre 1757 mit Berücksichtigung des Thieres eine Anzahl neuer Gattungen auf. Die meisten nachfolgenden Schriftsteller folgten dem grossen Schweden und begnügten sich, wie Bruguiére, die Zahl der Genera zu vermehren. Mit der anatomischen Zergliederung der Mollusken begannen zuerst Pallas und namentlich Po Ii. Letzterer schlug eine neue Nomenclatur vor, indem er die Gattungsnamen lediglich auf das Thier und dessen anatomische Verhältnisse bezog und dadurch an Stelle vieler älterer Namen neue setzte (z. B. Glaucus für Lima, Cerastes für Cardium etc.). Von Cuvier rührt die Eintheilung der Mollusken in 5 Classen her, wobei die der Acephala wieder in zwei Ordnungen: 1. schalentragende, 2. schalenlose, zerspalten wurde. Erstere entsprechen den heutigen Lamelli­branchiaten, bei denen Cuvier 5 Familien: Ostracea , Mijtilacea, Tridac­nacea , Cardiacea und Indusa, unterschied. Das Cuvier'sehe System wurde in vortrefflicher Weise weiter entwickelt durch Lamarck, der namentlich in der scharfen Umgrenzung von Familien und Gattungen glücklich war. Lamarck theilte die Muscheln oder Conchifcres in Zwei-

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