Das Österreichische Staatsarchiv (1988)
Kurt Peball: Das Österreichische Staatsarchiv
Ballhausplatz, an der Rückseite, am Minoriten- platz 1, ein nach damaligen Vorstellungen hochmodernes und zweckentsprechendes Archivgebäude eingerichtet, das heute unter Denkmalschutz steht. Aber schon bald nach 1918 erwiesen sich die Depots des Archivs als zu klein für die Aktenmassen, die mit der Liquidation der Donaumonarchie anfielen; noch heute hat diese Staatsarchivabteilung Außendepots in der Hofburg. Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv besteht derzeit aus mehr als 200 Archivkörpern mit rund 150.000 Archivalieneinheiten, dazu noch etwa 70.000 Urkunden aus der Zeit von 816-1918, 36.000 Siegelabgüsse und Siegelstempel, etwa 3000 Handschriften und eine Sammlung von 30.000 Partezetteln. Aus Platzgründen werden in Depoträumen der Hofburg noch zusätzlich Akten- und Plangut der habsburgischen ärarischen Verwaltung und deren Liquidation verwahrt. Das heutige Finanz- und Hofkammerarchiv besteht aus einem älteren und einem jüngeren Teil. Der ältere Teil, das Hofkammerarchiv, wurde 1578 zum ersten Mal als „alte Kammerregistratur“ erwähnt, deren alten „acta“ damals von den Akten der laufenden Geschäfte der Hofkammer getrennt und in eigenen Räumlichkeiten verwahrt wurden, die im kaiserlichen Hofspital zur Verfügung gestellt worden waren. Dort verblieb das Archiv, bis ihm in den Jahren 1843—1846 ein eigener Archivbau zur Verfügung gestellt wurde. Der vom Hofbaumeister Paul von Sprenger errichtete Bau ist der älteste Archivzweckbau der habsburgischen Monarchie. In diesem heute denkmalgeschützten Gebäude in Wien 1, Johannesgasse 6, das nach dem Zweiten Weltkrieg wegen Alterungsschäden vielfach saniert werden mußte, befindet sich derzeit noch das Hofkammerarchiv. 1947 wurde es mit dem 1892 errichteten Finanzarchiv vereinigt. Das Finanzarchiv hatte als einziges der Teilarchive des Staatsarchivs nie ein eigenes Archivgebäude besessen. Seit seiner Gründung befand es sich im Bereich des Finanzministeriums, in Nebenräumen des Gebäudes dieses Ministeriums, dem 1703—1711 erbautem Winterpalast des Prinzen Eugen von Savoyen, in Wien 1, Himmelpfort- gasse 6. Das Hofkammerarchiv hat an Archivgut mehr als 1000 Urkunden, etwa 3.500 Karten und Pläne sowie rund 30.000 Faszikel-Akten; das Finanzarchiv verwahrt an die 35.000 Archivalieneinheiten. Beide Archive dokumentieren Wirtschafts- und Finanzgeschichte, südosteuropäische Siedlungsgeschichte, Kameralistik, Münz- und Bergwesen, insgesamt die Finanzverwaltung und Finanzpolitik seit dem 16. Jahrhundert. Das Allgemeine Verwaltungsarchiv ist aus dem 1749 errichteten „ Directorium in publicis et came- ralibus“, der Vereinigung der alten habsburgisch- böhmischen Kanzlei mit der österreichischen Hofkanzlei und der österreichischen Abteilung der Reichshofkanzlei entstanden, Behörden, die sich mit den inneren Angelegenheiten des Reiches zu befassen hatten, also mit den Agenden eines Innenministeriums. Erst 1820 tritt es als „Hofkanzleiarchiv“ in Erscheinung und war dann bis zum Ende der Monarchie 1918das „Allgemeine Archiv des k. k. Innenministeriums“. Nach 1918 wurde es in „Staatsarchiv des Innern und der Justiz“ umbenannt, in welchem alle Registraturen der österreichischen Zentralverwaltung mit Ausnahme des Auswärtigen Dienstes, des Militär- und Finanzwesens vereinigt werden sollten. 1933 wurde ihm das um 1828 als eigene Abteilung von der „ Hofkanzlei “ abgegliederte Adelsarchiv angeschlossen. 1945 wurde das Unterrichtsarchiv angeschlossen, das seit 1940 eine selbständige Abteilung des Wiener Reichsarchivs gewesen war. Ebenso wie die meisten anderen Staatsarchivabteilungen übersiedelte auch das Allgemeine Verwaltungsarchiv mehrmals, immer wieder deswe12