Das Österreichische Staatsarchiv (1988)
Kurt Peball: Das Österreichische Staatsarchiv
archive Hofkammerarchiv, Kriegsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Finanzarchiv und Archiv für Verkehrswesen unter der Leitung einer Generaldirektion entstanden. 1947 wurden das Hofkammerarchiv und das Finanzarchiv zur Organisationseinheit Finanz- und Hofkammerarchiv vereinigt. 1984 wurde das Teilarchiv Archiv der Republik eingerichtet. Ein Teil dieses Zusammenschlusses war 1940 im Reichsarchiv Wien vorweggenommen worden. Das Reichsarchiv Wien war eine Archivorganisation, die 1940 unter der Leitung des Direktors des Haus-, Hof- und Staatsarchivs eingerichtet wurde, noch mehrere andere staatliche Archive umfaßte und 1945 wieder aufgelöst wurde. Das Archiv verwahrt historisches Archivgut der obersten Behörden des römisch-deutschen und des österreichischen Kaisertums vom Mittelalter bis zum Ende der Donaumonarchie im Jahre 1918 und der Ersten und Zweiten Republik Österreich von 1918-1938 und seit 1945. Dabei befinden sich zahlreiche Sammlungen von Archivgut, das mit der Geschichte Österreichs auf Regierungsebene und deren vielfältigen Aufgaben zu tun hat und auch Familienarchive des Adels der österreichisch-ungarischen Monarchie sowie viele Schriftennachlässe von Personen der verschiedensten Gesellschaftsklassen. Es untersteht dem Bundeskanzleramt und ist das für das Archivgut der obersten Verwaltungsbehörden und Ressorts der Bundesrepublik Österreich allein zuständige Archiv. Da die Geschichte des habsburgischen Kaisertums weite Teile Europas und auch Länder in Übersee berührt, gehört das österreichische Staatsarchiv mit seinen Dokumenten zu den größten und bedeutendsten Archiven Europas und wohl auch der Welt. Die Geschichte der staatlichen österreichischen Archive, aus denen das heutige Staatsarchiv entstanden ist, ist nicht nur eng mit der Behördengeschichte des Habsburgerstaates verbunden. Sie übte auch einen großen Einfluß auf den Auf- und Ausbau der Archive in den österreichischen Bundesländern und in jenen der Nachfolgestaaten der Donaumonarchie aus. Schon in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging die Initiative zur Koordinierung aller archivischen und rechtlichen Probleme des österreichischen Archivwesens von den Leitungen der staatlichen Archive aus. Diese führten zur Einführung von Archivreferaten bei der Regierung, von denen noch in der Ersten Republik Österreich der Archivbeirat, das Archivreferat beim Bundeskanzleramt und das noch heute bestehende Archivamt als Behörde für den gesamtösterreichischen Archivalienschutz von Bedeutung waren. Es ist nicht unbedeutend, daß das Österreichische Staatsarchiv keinen Behördencharakter hat, sondern rechtlich als eine Staatsanstalt zu betrachten ist, die die Archivalien als Fiskusgut auf privatrechtlicher Ebene zu verwalten hat. An die Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns wurden nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zahlreiche Archivkörper aus den staatlichen Archiven abgetreten, die die dortigen Verwaltungen zum Aufbau ihrer Behörden ebenso benötigten wie für ihre Staatsgeschichtsschreibung. So wurden nach 1918 mit allen Nachfolgestaaten eigene Archivverträge abgeschlossen. Mit Ungarn wurde ein eigener Vertrag (das seit 1. Jänner 1927 geltende Badener Archivübereinkommen vom 28. Mai 1926) geschlossen, der der ungarischen Regierung das Recht einräumt, zur Verwaltung und Erschließung gemeinsamer Archivkörper aus der Zeit Österreich-Ungarns ständig Delegierte im Staatsarchiv zu unterhalten. Die Ungarische Archivdelegation existiert noch heute; ein Archivdelegierter ist im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, und zwei Archivdelegierte befinden sich im Kriegsarchiv. Von den Archivverträgen können alle mit Ausnahme des Vertrages mit Jugoslawien als er10