Manfred Fink (Hrsg.): Das Archiv der Republik und seine Bestände. Teil 1 : Das Schriftgut der 1. Republik und aus der Zeit von 1938 bis 1945 (1996)
Einleitung
Allen Besuchern gemeinsam ist die Suche nach bestimmten Informationen, egal ob sie dies beruflich oder rein privat tun. Allen gemeinsam ist jedoch auch verständlicherweise eine mehr oder weniger große Orientierungs- oder Hilflosigkeit bei der Ausforschung der Informationen. Die üblichen Präsentationen der Archive, die ihre Bedeutung in der Anzahl der Kilometer von Schriftgut messen, mögen den Besucher beeindrucken, helfen ihm jedoch in der Praxis kaum. Wie kann also die Schwellenoder Berührungsangst unserer Besucher abgebaut werden? Oder gibt es eine Möglichkeit, sie überhaupt nicht entstehen zu lassen? Das Archiv der Republik bekannte sich stets zu Transparenz und Offenheit gegenüber der Öffentlichkeit . Grundsatzbekenntnisse sind sehr wichtig, weil sie den Standpunkt und den Kurs eines Unternehmens nach innen, aber auch nach außen festhalten. Sie sind aber praktisch nahezu wertlos, wenn sie von den Mitarbeiterinnen eines Unternehmens nicht tagtäglich gelebt und auch erkämpft werden. "Wir meinen, was wir sagen - und tun es auch." Dieser Grundsatz eines sichtbar gelebten Wertesystems lag stets allen Aktivitäten des Archivs der Republik zugrunde. Manche würden in diesem Grundsatz auch die Grundphilosophie unseres Unternehmens erkennen, die die Leistungen oftmals stärker beeinflußte, als technologische oder finanzielle Ressourcen und ausgefeilte Organisationspläne. Offenheit ist sicher kein bequemer Weg, weil sie die mögliche Kritik und eine Beurteilung der erbrachten Leistungen durch die Öffentlichkeit mit einschließt. Offenheit führt zur Diskussion und zur Konfrontation, beides wichtige Bausteine beim Betrieb eines modernen und zeitgemäßen Archivs. Die Selbstgefälligkeit hingegen treibt ein Archivuntemehmen nahezu rettungs- und erbarmungslos in die Isolation. Die Suche nach neuen Wegen, so unkonventionell die Methoden manchmal sein mögen, ist für die Archive fruchtbarer als viele archivistische Grundsatzdiskussionen. Denn bekämpfen wir in Wirklichkeit nicht unsere Zukunft, wenn sich beispielsweise die Archivare über die Normierung unserer Fachsprache hermachen? Wird hier in Wirklichkeit nicht eine Begrifflichkeit einzementiert, die für die Beschreibung und Lösung zukünftiger Aufgaben, insbesondere der zeitgenössischen Archive ohnedies nicht mehr ausreicht? Zurück zu Transparenz und Ehrlichkeit. Erinnern wir uns zurück an das Jahr 1989. Am 12. September dieses Jahres veranstaltete das Archiv der Republik einen "Tag der offenen Tür". Bei dieser Gelegenheit konnten nicht nur die Depots, sondern sämtliche zentralen Serviceeinrichtungen (Restaurier- und Reprowerkstätten) des Neubaues aus der Nähe besichtigt werden. Erinnern wir uns zurück an die Diskussionsveranstaltung "Management im Archiv der Republik", in der die Mitarbeiterinnen ihre Ziele und Ideen, aber auch die Probleme ihrer persönlichen Archivtätigkeit "offen” gelegt haben. (Die Referate wurden 1992 unter dem Titel "Archiv 2000. Herausforderungen, Leistungen und neue Wege im Archiv der Republik" veröffentlicht.) Erinnern wir uns zurück an die erste Ausgabe unseres Informationsblattes xxv