Ciszterci rend Nagy Lajos katolikus gimnáziuma, Pécs, 1856

21 und diese nach Möglichkeit zu erreichen. — Da nun das ganze Wesen der Menschenseele ein Dop­pelwesen ist, oder wenigstens man sie nach den zwei Hauptrichtungen ihrer Thäthigkeit als Ver­nunft und Wille zu unterscheiden pflegt; so muss die Aufgabe sein, den Zögling zu richtiger Erkenntniss und hierdurch zu der auf lebendiger Uiberzeugung von der Heiligkeit des Gesetzes be­ruhenden Willensstärke freier Unterordnung unter dasselbe zu erheben. Die richtige Erkenntniss und Willensstärke zu freiem Gehorsam gegen das Gesetz kann nur stufenweise erzielt werden durch Aus­bildung der Vernunft des Zöglings, und Gewöhnung seines Willens zum Guten. Die Ausbildung der Vernunft ist Sache des Unterrichts; die Gewöhnung zum Guten wird, als Ergebniss wiederholter thätiger Willensäusserungen, durch Uibung erreicht und ist, bis zum Eintreten der Erkenntniss und Selbstbestimmung bei dem Zöglinge, Aufgabe der Zucht. Unterricht und Zucht sind also die allge­meinen Mittel der Erziehung, durch welche der sittlich-religiöse Charakter des Jünglings gebildet werden muss. Meine Absicht ist diese zwei Mittel der Erziehung etwas genauer zu prüfen, und in kurzen Umrissen darzulegen, welche Behandlung derselben erforderlich sei, damit sie jenen Einfluss wirklich üben, welcher auch im ürganisalionsentwurf: „Die schwierigste pädagogische Forderung, welche man an den Unterricht stellen kann, aber auch stellen muss, ist ein solches Zusammenwirken aller Theile desselben bei jeder Mannigfaltigkeit der Lehrgegenstände, dass er die eine Frucht zur Reife bringt, wrelche das letzte Ziel aller Jugendbildung ist, ein gebildeter edler Charakter,“ der Gymna- sial-Erziehung als ausgestrecktes zu erreichendes Ziel vorgeschrieben ist, dass zugleich die Eltern sehen, welchen Unterricht, und welche Behandlung ihre Kinder in der jetzigen Gymnasial-Einrich- tung erhalten, um so die äussern, auf die Erziehung nachtheilig wirkenden Einflüsse und Hinder­nisse beseitigend, zur Erreichung dieses vorgestreckten Zieles mitwirken zu können. Bei einer sol­chen Erörterung kann und darf auf Vollständigkeit nicht abgesehen sein, theils weil ein Pädagog nie auslernt; indem die Erfahrung der beste Pädagog ist; theils erlaubt auch der geringe Raum eines Schul-Programmes nicht sich in Einzelnheiten ein zu lassen, nur die Hauptpunkte sollen hier angeführt werden, welche für unsere Verhältnisse besondere Wichtigkeit haben. Betrachten wir demnach das erste Mittel, den Unterricht, um zu sehen, welchen Bei­trag die einzelnen Lehrgegenstände, durch richtige Behandlung, und gesammtes Mitwirken und Thätig- keit der Lehrer zur Erreichung des vorgestreckten Endzweckes — sittlicher Bildung der Jugend — geben können. Die Religion ist der Inbegriff aller Beziehungen, und daraus sich ergebenden Pflichten des Menschen gegen seinen Schöpfer, gegen sich selbst, und seine Mitgeschöpfe; diese muss ein moralisches Wesen, was gebildet werden soll, wissen; denn ohne Religion ist nur eine scheinbare, aber keine wahre Bildung möglich; desshalb liegt der Gymnasialerziehung die Religionslehre zum Grunde, und wird durch alle acht Klassen vorgetragen. — Da nun aber die menschliche Seele nach ihrer Hauptthätigkeit als Geist und G e m ü l h, oder Vernunft und Wille sich äussert: so muss auch die Religionslehre so behandelt werden, dass sie auf beide wirkend, beide bilde. Sie darf daher nicht ein blosses Gedächtnisswerk sein, welche als solches den Schülern zum fürchterlichsten und wider­wärtigsten Lehrgegenstand herabsinkend, der wahren Religiosität zum Nachtheile wird. Die Religions­wahrheiten sind daher kurz und leichtfasslich vorzulragen, mit schlagenden Texten zu befestigen, und auf die Ereignisse des menschlichen Lebens anzuwenden, damit so Geist und Gemüth gleichzeitig gebildet werde, indem die Vernunft erleuchtet, und so der Wille bewogen, und zum Guten gestärkt wird. — In den untern Klassen hat der Lehrer nebst der Ausbildung der Vernunft hauptsächlich auf das Gemüth zu wirken. Wesshalb hier die Religionswahrheiten mit einem einfachen, auf das jugend­liche Gemüth trefflichst wirkenden geschichtlichen Vortrag dem Zöglinge einzuflössen sind. Die vor­getragenen Wahrheiten sind durch, aus dem Leben gegriffene Beispiele zu erleuchten; was schon aus

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