Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)

Karl Schlemmer: Die situation des Christentums im Westen zur Jahrtausendwende

Generation weitergegeben wird - ein ganz persönliches Anliegen von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, das er immer wieder hervor­hebt. Dementsprechend versteht die prophetische Option unter der Aufgabe der Glaubensverkündigung den gewiß mühsamen, aber freiheitlichen Weg, die faszinierende Dynamik der christlichen Froh­botschaft als „Salz" in die wägbaren Bereiche des heutigen gesell­schaftlichen Lebens einzubringen und auf dessen durchdringende Wirksamkeit zu hoffen. Dabei ist mit zu bedenken, daß die heute so große Distanz vieler Menschen gerade zu ihrer katholischen Kirche vielfach mit Erfahrungen von Sündenangst, Höllenandrohung und ri­goroser Beichtpraxis zusammenhängt. Meine eigene Mutter hat mir in ihren letzten Lebensjahren verschiedentlich deutlich gesagt, daß die Kirche sie um ihre schönsten Ehejahre betrogen hat. Und kein Bi­schof oder Priester hat sich bisher bereitgefunden, sich für all das viele dadurch angerichtete Leid und Unrecht, für die zahlreichen see­lischen Verletzungen zu entschuldigen. Vor einiger Zeit hat der sehr bekannte deutsche Schriftsteller, Martin Walser, seinen autobiographi­schen Roman „Ein springender Brunnen" veröffentlicht (Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M. 1998). Walser erzählt darin seine Kindheit und Jugend in Wasserburg am Bodensee. Einerseits schildert er, wie das Kind und der Jugendliche (im Roman heißt er Johann) das Aufkom­men des Nationalsozialismus erlebt, andererseits erzählt er von sei­ner katholischen Kindheit. Es ist dies eine unglaublich intensiv erleb­te katholische Welt, in der sich auch viel Faszinierendes findet. Doch fällt auf diese katholische Kindheit ein verhängnisvoller Schatten. Den kleinen Kindern wird im Kommunionunterricht von Todsünde und unwürdiger Kommunion erzählt. Die sexuellen Sünden spielen eine übergroße Rolle. Walser berichtet, wie die aufkommende Sexua­lität den Johann gerade zwischen Beichte und Erstkommunion be­drängt und jegliche sexuelle Regung, jeglicher Gedanke daran wurde gleich mit dem Gewicht der Todsünde und Verwerfung in die Hölle belastet. Dies muß uns sehr zu denken geben und kann einmal mehr deutlich machen, daß der Schriftsteller letztlich über diese geistlichen Horrorszenarien ein Leben lang nicht hinweggekommen ist. Was Walser hier schildert, deckt sich ziemlich genau mit meiner eigenen Erinnerung an meinen Beicht- und Kommunionunterricht. Und so behaupte ich bis zum Erweis des Gegenteils, daß die heute so große 70

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