Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)

Rudolf Hoppe: Im Angesicht der Gefahr Zum Szenario der Endzeitrede Jesu in Mk 13

erwählten zählen, um deretwillen die Drangsal noch abgekürzt wird. War dem Leser/Hörer des Evangeliums das bisher erzählte Gesche­hen durch eigene real-geschichtliche Erfahrung, vor allem die des jü­disch-römischen Krieges, durchaus nahe, so kommt es nun zur pro­phetischen Ansage der auch für die Adressatenschaft erst in Zukunft eintretenden Ereignisse. Sie eskalieren in kosmischen Veränderungen, die alle natürlichen Vorgänge auf den Kopf stellen, bevor dann schließlich die Heilswende mit der Heimholung der Erwählten durch die Engel des Menschensohnes eintritt (V. 24-27). b) Das „Wissen" des Apokalyptikers In vielen apokalyptischen Texten des Alten Testaments oder des Judentums versetzen sich die Verfasser fiktiv in eine große Persön­lichkeit der Vergangenheit und erzählen die schon geschehene Ge­schichte in Futurform. Damit wollen sie ihr Wissen um die Unaus- weichlichkeit der kommenden Schrecknisse kundtun und auf diese Weise ihre Adressaten in den scheinbaren Ausweglosgkeiten der Ge­genwart zum Durchhalten befähigen. Es geht dabei aber nicht um die Frage einer Strategie des mehr oder weniger noch auszuhalten­den Lebens; es geht viel substantieller letztlich um die Frage nach dem Schöpfergott und um die Suche nach einer Spur, auf der sich sein Schöpfungswerk noch finden läßt.5 In der verworrenen Welter­fahrung stellt sich für den Schöpfungsglauben das Problem der Prä­senz Gottes, die ihm angesichts seiner erfahrenen Verborgenheit frag­lich geworden ist. Stellen sich die Zusammenhänge des Welt- und Existenzgeschehens mehr und mehr als undurchschaubar dar, so weiß der Apokalyptiker mit seiner Einsicht in den von Jahwe herbei­zuführenden (und das Ende signalisierenden) Geschichtsverlauf mehr als andere Zugänge zur Wirklichkeit6 um die Vorläufigkeit und Be­grenztheit von Mensch und Geschichte. In allem Scharfsinn und radi­kaler Konsequenz sieht die Apokalyptik auf das Ende. Der glauben­de, aber drangsalierte Mensch weiß um das Ende und hofft auf des­5 Vgl. nur 4 Esr 7,116-8,3. 6 Zu denken ist z.B. - um im Rahmen jüdischer bzw. jüdisch-hellenistischer Wirklichkeitsdeutungen zu bleiben -an die optimistisch-weisheitliche (Jes Sir) oder mystisch-prägnostische Sichtweisen, wie sie wohl hinter der Auseinandersetzung des Paulus in 1 Kor 1-4 stehen (vgl. meine Studie Der Triumph des Kreuzes [SBB 28], Stuttgart 1994, 64-99). 19

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