Erdő Péter - Rózsa Huba: Eschatologie und Jahrtausendwende 2. Deutsch-Ungarischer Theologentag Budapest, 3. März 2000 - Studia Theologica Budapestinensia 26. (2000)
Rudolf Hoppe: Im Angesicht der Gefahr Zum Szenario der Endzeitrede Jesu in Mk 13
sen baldiges, ja unmittelbar bevorstehendes Eintreten. Geschichte und Gegenwart haben ihre Möglichkeiten verspielt, die Zeit hat sich totgelaufen, es kann nur noch der radikale Neuanfang helfen. Die „Zehnwochenapokalypse" des äthiopischen Henochbuchs ist dafür das vielleicht klassischste Beispiel,7 signifikant sind auch die beiden angeführten Texte aus der „Himmelfahrt des Mose" (AssMos) und den Sibyllinen (Sib III).8 Wenn die Suche nach Gott beim Frommen Israels in der Fraglichkeit endete, so mußte sich für die Jesusgläubigen das Problem noch zuspitzen. Denn die zunehmend instabile politische und religiöse Situation der 60er Jahre des 1. Jahrh. erzwang die Frage nach der Gültigkeit des Anspruches und der Botschaft Jesu von der Gottesherrschaft. Gerade wenn Jesus von der schon begonnenen neuen Weltzeit, von der schon begonnenen Entmachtung des Bösen gesprochen hatte, mußte die Frage nach der Qualität seiner Botschaft aufbrechen. Denn wenn Jesus auch das dualistische Denkschema von gegenwärtiger Macht des Satanischen und künftigem Erlöstsein in einer neuen Welt aufgebrochen hatte, wenn er die Gottesherrschaft nahegekommen, ja in seiner Botschaft und in seinen entdämonisierenden Zeichenhandlungen schon angebrochen sah (Lk 11,20), war strukturell die apokalyptische Denk- und Deutungsweise nach wie vor integraler Bestandteil urchristlicher Deutung des Weltgeschehens.9 Der Schrei nach der Umkehrung der Verhältnisse war auch durch das Wirken Jesu nicht überflüssig geworden. Spricht die Mk-Apokalypse zu Beginn von den Katastrophen, die sein müssen, so setzt sie einen göttlichen Plan voraus, der für das Ganze leitend ist und nur von einigen dazu Berufenen durchschaut werden kann. Das steht hinter dem „denn das muß geschehen" (Mk 13,7). Dabei handelt es sich um ein apokalyptisches Charakteristikum, das sich auch in spnstiger apokalyptischer Literatur, z.B. im 4. 7 Vgl. G. REESE, Die Geschichte Israels in der Auffassung des frühen Judentums. Eine Untersuchung der Tiervision und der Zehnwochenapokalypse des äthiopischen Henochbuchs. der Geschichtsdarstellung der Assumptio Mosis und des 4. Esrabuches (Diss. masch. Heidelberg 1967); K. Müller, Die frühjüdische Apokalyptik, in: ders., Studien zur frühjüdischen Apokalyptik (SBSB 11), Stuttgart 1991, 35-173. 8 S. Textanhang. 9 Für die Lebendigkeit apokalyptischer Wirklichkeitsdeutung sind die Spätschriften 2 Petr/Jud, vor allem aber die Johannesoffenbarung eindrucksvolle Belege. 20