Willi Klinkhammer: Krankenhausseelsorge im staatlichen und kirchlichen Recht - Studia Theologica Budapestinensia 21. (2000)

2. Anthropologische und theologische Grundlegung der Seelsorge im Krankenhaus - 2a) Der kranke Mensch

schaft (...) eine peinliche Ausnahmesituation".12 Mit dem Kranksein wird also ein imtaugliches Leben in Verbindung gebracht, die aktuel­le Erkrankung setzt beim „Gefühl körperlicher Schwäche"13 ein. Mit anderen Worten ist „das elementarste und beherrschende Symptom der Krankheit zunächst einmal der Schmerz".14 Das Symptom des Schmerzes trennt den Kranken von seiner gesunden oder leid — freien Umwelt. Dabei ist es der Mensch selber, der ganze Mensch, der leidet15 und nicht „etwas" an ihm (etwa ein Organ). Verschiedene Aspekte und Erkenntnisse, die dieses Leiden, dieses „Kranken" an etwas mit sich bringen, sollen in der Folge erwähnt werden. 2.2 Soziologische Erkenntnisse Der kranke Mensch macht die Erfahrung, daß infolge seiner Krankheit seine Stellung in der Gesellschaft empfindliche Einbußen erleidet. Die Haltung seiner Mitmenschen ist für ihn problematisch: Weil er entgegengesetzte Empfindungen in den anderen wachruft, steht der Kranke in einem besonderen Verhältnis zu seiner Umwelt. Die Krankheit macht außer dem Kranken selbst auch seiner Umwelt Angst, weil ihr „daran ihre eigene Bedrohtheit aufgeht".16 17 Eine ganz bestimmte Vorstellung von Kultur, die in einer Gruppe oder Gesell­schaft vorherrscht, spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle, denn sie bestimmt die Stellung des Kranken in dieser Gesellschaft und damit die Einstellung, die die Gruppe ihrem kranken Mitglied ge­genüber an den Tag legt. „Die erste Reaktion auf Ängstigendes aber ist Flucht oder Aggression, also die Aussonderung des Kranken aus der Gesellschaft". In sogenannten „primitiven Gesellschaften" hält man den Kranken für ein Wesen, das unter der Macht böser Einflüs­se stehe: seine Heilung (und damit seine Wiedereingliederung in den Stamm) wird dann zu einer Sache der Magie — man fürchtet sich vor dem Kranken.18 Die Krankheit — wie viele andere Lebensberei­12 Mayer-Scheu, Seelsorge, S. 11. 13 Ebd. 14 Pastorale, S. 17. 15 Vgl. Thielicke, S. 18. 16 Faber, Seelsorge, S.5. 17 Ebd. 18 Ebd.; vgl. auch Heim, S.41f. 18

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