Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)

II. - II.1. Jesaja 6,1-11

Der Bezug zwischen den beiden Texten wird bei den Kommentatoren besonders in zweierlei Hinsicht hergestellt:- als Schilderung der Vergabe eines besonderen Auftrags (im Zusammenhang mit der Diskussion, ob Jes. 6 eine Berufungserzählung ist),83- als Schilderung einer Gerichtsvision.84 Besonders W.Zimmerli hat die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Erzählungen genau herausgearbeitet. Beiden gemeinsam ist die Vorstellung von Gott als auf einem Thron Erhabenen und von einem Hofstaat Umringten; es gibt eine Beratung und Mittlergestalten, die den Auftrag Gottes ausführen; und dieser Auftrag ist ein Auftrag zum Gericht.85 Alleine diese Gemeinsamkeiten genügen aber noch nicht, um von einer literarischen Abhängigkeit sprechen zu können86. Die Entsündigungsszene von Jes. 6,5f. gibt es in 1 Kön. 22,19ff nicht. Es handelt sich dort auch nicht um ein Geschehen, in das der Prophet unmittelbar einbezogen ist. In 1 Kön 22 berichtet Michajehu, was er von einem Geschehen sieht und hört, das sich im Himmel abspielt. Dies ist eine Bestätigung seiner Botschaft gegenüber dem König, aber der Prophet hat in dieser himmlischen Szene weder eine aktive noch eine passive Rolle87. 83 so bei H.Wildberger, BK X/l, 1972, S. 236. — im Anschluß an W.Zimmerli, Ezechiel, BK X1II/1, 21979, S.16ff.; außerdem: 0.Kaiser, ATD 17, 51981, S. 124. u.a. 84 so z.B. bei R.Knierim, The Vocation of Isaiah, 1968) S.57ff. 85 vgl. W.Zimmerli, Ezechiel, BK XIII/1, 21979, S. 19. 86 vgl. zur Frage, welche der beiden Perikopen jünger sei: O.Kaiser, ATD 17, 51981, S. 124: Man wird “..in Jes 6 als der reflektierteren vielleicht auch die jüngere Erzählung sehen dürfen.” Dabei beruft er sich auf O.H.Steck und E.Würthwein.... ! und: H.Cazelles, La vocation d'Isaie (Ch.6) et les rites royaux, 1975, S.90: Er plädiert dafür, daß 1 Kön 22 jünger sei , da einzelne Ausdrücke eine größeres Gefühl für Transzendenz vermuten lassen und 1 Kön 22 dem aus der Exilszeit stammenden deuteronomistischen Geschichtswerk angehöre. 87 vgl. E.Würthwein, Zur Komposition von l.Reg. 22,1-38, 1967, S.250: Das Thema der Vision von Michajehu ist das Problem der Heilspropheten. Ein Kriterium dafür bildet der Einblick in den Rat Jahwes (S.252). 46

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