Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)

I. Einleitung - Begriffliche Klärung von "Läuterung" - I.5. Grundstruktur

Testament eine Erfahrung zutage tritt, die in der christlichen Tradition am besten mit "Gnade" wiedergegeben wird. 1.5.2. Der "Ort der Läuterung". Von besonderem Interesse, aber in der Regel kaum eindeutig beantwortbar, ist die Frage, wann es zu diesem Prozeß der Läuterung kommt. Im Umkreis des Kultes ist dies einfacher: dabei läuft dieser Prozeß gewöhnlich in der Gegenwart ab. In den behandelten prophetischen Stellen wird dies als ein Geschehen am Menschen und am Volk dargestellt, das innere und äußere Komponenten hat. Diese können dann im Rahmen der Geschichte erfahren worden sein oder erfahren werden - in der Gegenwart oder in absehbarer Zukunft. Dies gilt insbesondere für die Stellen, die auf eine Rückkehr aus dem Exil anspielen und die diese Rückkehr bzw. das Exil selber als "Läuterung" betrachten. Zum Teil ist aber in Betracht zu ziehen, daß diese Erfahrung vielleicht noch nicht alles darstellt. Wann immer wir es mit einer Verkündigung der Propheten zu tun haben, die für die Zukunft gilt, ist meist nicht klar auszumachen, ob diese Zukunft ein nahes Ereignis ist oder in fernere Zukunft gerückt ist. Dann ist ein solcher Prozeß eventuell auch mit weitreichenderen Veränderungen für den Menschen und auch für die Welt verbunden. Wir stehen vor der Frage der "Eschatologie", wobei auch diese von den verschiedenen Traditionen jeweils anders verstanden wurde. Es ist auch damit zu rechnen, daß innerhalb der alttestamentlichen Geschichte solche Stellen über die Verkündigung der Läuterung bezüglich ihres Eintreffens verschieden gedeutet wurden. An einzelnen Stellen wird auf dieses Problem hingewiesen werden, ohne dabei in den meisten Fällen eine eindeutige Entscheidung treffen zu können. 28

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