Gudrun Bohle: Die Frage der Läuterung im Alten Testament - Studia Theologica Budapestinensia 20. (1998)
I. Einleitung - Begriffliche Klärung von "Läuterung" - I.3. "Läuterung" im Sinne eines Reinigungsgeschehens an ein und demselben Subjekt
Für die folgende Arbeit habe ich mich grundsätzlich entschieden, "Läuterung" als einen Prozeß zu betrachten, der an einem Subjekt geschieht, also an einem Volk, einer Menschengruppe bzw. einem Menschen. Im Vergleich dazu könnte man sich auch andere Trennungen vorstellen:- Eine Trennung zwischen dem erwählten Volk Israel und den Heidenvölkern. Durch seine Erwählung gehört das Volk Israel zu Jahwe und hat daher Anteil an seinen Verheißungen. Ihm wird Heil zuteil, während die heidnischen Völker in der Nachbarschaft Israels aufgrund ihres Unglaubens und Götzendienstes von vornherein dem Bereich des Unreinen zuzuordnen sind und eine Gefahr für das Volk Israel sowie auch für Jahwe darstellen. Ihnen wird Gericht und Unheil zuteil.- Eine Trennung zwischen Gerechten und Sündern47. Innerhalb eines Volkes entstehen zwei Gruppen, die voneinander getrennt werden sollen. Kriterium für Heil oder Gericht ist dann nicht mehr die Volkszugehörigkeit, sondern das Verhalten: wer gerecht ist, ist würdig für das Heil. Wer aber Sünder ist, dem gilt das Gericht, und er wird wie Schlacke aus dem Volk entfernt. Bei diesen Vorstellungen ist zu beachten, daß die Trennung zwischen reinen und unreinen Personen oder Gruppen verläuft. Gereinigt wurde das Volk oder die Gruppe der Gerechten. Läuterung bedeutete, daß die Sünder, das heißt Personen als störende Elemente, vernichtet und entfernt wurden. Es kam also zu einer eindeutigen Zuordnung zum Heil oder zum Unheil. Es konnte nicht ein und dieselbe Person sündig und damit dem Gericht verfallen sein, dann aber doch gerettet werden. 47 vgl. zu diesem Thema die Untersuchung: K.Koenen, Heil den Gerechten - Unheil den Sündern! Ein Beitrag zur Theologie der Prophetenbücher, 1994. Er behandelt die Aussonderung zwischen Gerechten und Sündern in zwei Teilen: als ein Geschehen, das mit der “eschatologischen Vernichtung der Sünder” seinen Ablauf nimmt, oder als ein Geschehen, das sich hier im Jetzt vollzieht: “Heil und Unheil als das Gerechte und Sünder je und je treffende Ergehen Von ihm behandelte Stellen, die von einem “Läuterungsgericht” sprechen, sind Z.B.: Jes l,27f; 25,4L; 26,4-6.7ff.; 29,17-21; 33,7-16; 56-66; Jer 30,23f; Ez 20,32-38; 34,17-22; Am 9,8b-10; Zeph 2,3.7.9b; 3,11-13 und Mal 3,13-21. 23