Fila Béla - Erdő Péter (szerk.): Teológus az Egyházben. Emlékkönyv Gál Ferenc 80. születésnapja alkalmából - Studia Theologica Budapestinensia 12. (1995)

Erzbischof Josef Stimpfle: "Veritatis Splendor". - "Fel sin der Brandung"

Die Verabsolutierung der Freiheit findet ihre Fortsetzung in der Verab­solutierung des Gewissens. Man erhebt den Gewissensspruch zur höchsten Norm; daraus ergibt sich die Frage: kann der Spruch des Ge­wissens die allgemeingültigen Normen unter Umständen außer Kraft setzen? Und man antwortet: Die universalen Normen könnten zwar in die Richtung weisen, in der der einzelne seine konkrete Entscheidung fällen soll, hätten jedoch keinen bindenden, immer verpflichtende Charakter. Der konkrete Mensch, der einmalig ist und dessen jeweilige Situation, in der er entscheiden muß, jeweils einmalig sei, müsse letzt­lich kreativ seine sittliche Wahrheit in dieser konkreten Situation fin­den (vgl. VS 55). Man behauptet, es gäbe „eine Art doppelter Seinsweise der sittlichen Wahrheit" (VS 56 ), die Wahrheit allgemeinen Normen und die Wahr­heit für jeden einzelnen in seiner Situation. Letztere könne die erstere im konkreten Fall ausschalten: es gebe legitime Ausnahmen von den allgemeinen Normen: „Zu der Aussage von der Verpflichtung, dem ei­genen Gewissen zu folgen, tritt unberechtigterweise jene andere, das moralische Urteil sei allein deshalb wahr, weil es dem Gewissen ent­springt. Auf diese Weise ist aber der imabdingbare Wahrheitsanspruch zugunsten von Kriterien wie Aufrichtigkeit, Authentizität, 'Überein­stimmung mit sich selbst' abhanden gekommen... Diese Sicht ist ande­res als eine individualistische Ethik, aufgrund welcher sich jeder mit seiner Wahrheit, die von der Wahrheit der anderen verschieden ist, konfrontiert sieht" (VS 32). Diese grundsätzliche Klarstellung betrifft nicht nur persönliche Leben des einzelnen, sondern hat auch Konse­quenzen in der Seelsorge. Man maßt sich an, „die Zulässigkeit so ge­nannter 'pastoraler' Lösungen zu begründen, die im Gegensatz zur Lehre des Lehramtes stehen, und eine 'kreative' Hermeneutik zu recht- fertigen, nach welcher das sittliche Gewissen durch ein partikulares negatives Gebot tatsächlich nicht in allen Fällen verpflichtet würde" (VS 56). Diese Auffassung widerspricht dem rechten Verständnis der Bezieh­ung zwischen Gewissen und Wahrheit. Der Mensch erfährt in seinem Gewissen: »Du bist nicht autonomer Richter in eigener Sache, sondern stehst unter einem Anruf, dem Du zu gehorchen hast und den Du nicht eigenmächtig interpretieren, umdeuten oder sogar zum Schwei­gen bringen darfst.« Daß der Mensch den Anruf nicht verstummen 55

Next

/
Thumbnails
Contents