Fila Béla - Erdő Péter (szerk.): Teológus az Egyházben. Emlékkönyv Gál Ferenc 80. születésnapja alkalmából - Studia Theologica Budapestinensia 12. (1995)

Erzbischof Josef Stimpfle: "Veritatis Splendor". - "Fel sin der Brandung"

Kein Moraltheologe wird eine solch radikale Auffassung von mensch­licher Freiheit vertreten. Unter dem Einfluß solcher Zeitströmungen kann es jedoch auch in der Moraltheologie zu einer Überbetonung der Freiheit auf Kosten der Wahrheit kommen (vgl. VS 36). In der Sicht der »autonomen Moral« ist die Vernunft zwar von Gott esrschaffen, zu­gleich aber zu weitgehender Unabhängigkeit ermächtigt. Um jedoch das sittliche Leben in einem christlichen Rahmen zu halten, wurde, wie der Papst hervorhebt, „von einigen Moraltheologen eine scharfe, der katholischen Lehre widersprechende Unterscheidung eingeführt zwischen einer sittlichen Ordnung, die menschlichen Ursprungs sei und nur innerweltlichen Wert habe, und einer Heilsordnung, für die nur be­stimmte Absichten und innere Haltungen im Hinblick auf Gott und den Nächsten Bedeutung Hätten" (VS 37). Im zwischenmenschlichen, irdischen Bereich — im Weltethos — sei allein die Vernunft zuständig, nicht aber Heilige Schrift und Lehramt der Kirche. Die Offenbarung in der Heiligen Schrift enthalte nur sehr allgemeine Aufforderungen zur Liebe, jedoch keine überzeitlichen konkreten Normen für zwischen­menschliche Verhalten. Gewisse Tendenzen autonomer Moral trennen den Menschen in be­stimmter Hinsicht von Gott als dem Urbild des Guten, der ihn im Tief­sten des Herzens „zum Tun des Guten und zur Unterlassung des Bö­sen anruft" (GS 16); sie vollziehen im Menschen selbst eine Trennung, indem sie die gottgegebene Freiheit von dem vom Schöpfer dem Menschen eingestifteten natürlichen Sittengesetz loslösen, dessen Exis­tenz sie abstreiten. Das Wesen des Menschen wird auf die Freiheit und die Vernunft reduziert: „Der Mensch wäre nichts weiter als seine Frei­heit!" (VS 46). Die menschliche Person könne selbstherrlich über ihren Leib verfügen, gleichsam wie über Rohmaterial, das jeglichen Sinnes und moraüschen Wertes entbehre (vgl. VS 48). Diese Trennung zwi­schen Freiheit und menschlicher Natur (Leib des Menschen) wird mehr oder weniger deutlich von Moraltheologen vertreten. Diese Be­hauptung ist nicht aus der Luft gegriffen. Konkret zeigt sich das daran, daß nicht wenige — im Gegensatz zum Lehramt der Kirche — die Zeugung des Menschen im Reagenzglas, die künstliche Empfängnis­verhütung, unter Umständen selbst die Sterilisierung für sittlich er­laubt halten. Die Vertreter solcher Anschauungen werfen umgekehrt dem Lehramt der Kirche Physizismus, Naturalismus, naturalistische 49

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