Anton Millner: "Die Gefangenenseelsorge" - Studia Theologica Budapestinensia 1. (1990)
IV. Kapitel. Der Adressat der Arbeit des Seelsorgers im Gefängnis - die Persönlichkeit des straffällig gewordenen Menschen
hingezogen (nur einer von 10 Jugendlichen hatte einen nichtkriminellen Freund), gleichsam als Ersatzideal.1 6 von 10 Elternhäusern waren gestört durch Tod, Scheidung, Trennung oder längere Abwesenheit eines Elternteils; mehr als die Hälfte der kriminellen Jugendlichen war jünger als 5 Jahre, als das familienstörende Ereignis eintrat.1 2 Diese Ergebnisse können nicht so ohne weiteres auf die europäische oder österreichische Situation übertragen werden, wo z. B. die typischen Slumviertel fehlen und das Bandenunwesen sich nicht so ausgeprägt manifestiert, doch lassen sich wesentliche Erkenntnisse über den Einfluss einer defekten Familie auf späteres kriminelles oder asoziales Verhalten sehr wohl gewinnen. Es kann uneingeschränkt behauptet werden, dass auch bei uns ein Kind, das völlig schutzlos seinen versagenden Eltern bzw. einem Eltemteil ausgeliefert ist, schwerste und kaum noch korrigierbare Behinderungen und Schädigungen seiner Persönlichkeitsentwicklung erleidet und so ohne eigenes Verschulden unter erschwerten Vorbedigungen das Leben zu bewältigen hat.3 b)Auswirkungen der Erziehung in Heimen oder auf Pflegeplätzen Die Familie bildet die wichtigste und entscheidendste Lemstation für den heranwachsenden Menschen und Störungen und Belastungen in ihrem Bereich können nicht ohne Folgen für den Erwerb sozialer Fähigkeiten bleiben.4 5 80% der jungen Leute, die etwa in der BRD in Haft kommen, sind durch häusliche Vehältnisse vorbelastet, an denen sie selbst absolut unschuldig sind. Als psychisch gestörte Persönlichkeiten sind sie 1. Ebd., S. 84. 2. Ebd., S. 57 3. WURZBACHER, Gerhard: Die Erziehungskraft der Familie, Köln 1967, S. 34. 4. OSTERMEYER, Helmut: Die bestrafte Gesellschaft, München 1975, S. 161. 5. KRASCHUTZKI, Heinz: Die Untaten der Gerechtigkeit, München 1966, S. 298. 31