Folia Theologica 19. (2008)
Hegyi Márton: Internus homo - eigentliches Selbst
FOLIA THEOLOGICA 19 (2008) 77 HEGYI, Márton INTERNUS HOMO - EIGENTLICHES SELBST Die phänomeno-theo-logische Verfassung der Heideggerschen Lebensphänomenologie Zuerst muss ich den Haupttitel meines Aufsatzes* kurz erörtern. Mittels dieser Erörterung möchte ich meine These formulieren, auf die bereits der Untertitel des Aufsatzes hindeutet. Die erste attributive Konstruktion des Haupttitels, „internus homo", stammt aus der berühmten Imitatio Christi des Thomas von Kempen, der im zweiten Buch seines Werks die folgende Aussage macht: »Internus homo sui ipsius curam omnibus curis anteponit«, d. h.: »Ein innerlicher Mensch hat keine wichtigere Sorge als die um sich selbst.«* 1 Dieser Satz wird anfangs einer frühen Freiburger Vorlesung auch von Heidegger zitiert,2 was eindeutig zeigt, dass der Kempensche Satz für den Philosophen von großer Bedeutung ist; und zwar nicht nur, weil das Wort „Sorge", cura, hier zum ersten Mal in den Heideggerschen Texten vor kommt, sondern in erster Linie deswegen, weil der Kempensche Satz einen merkwürdigen Zusammenhang zwischen der selbsweltlich orientierten Einstellung des „internus homo" und der Authentizität des Menschen herstellt. Da der Gedanke dieses religiös inspirierten Zusammenhanges in den Kern der Heideggerschen Lebensphänomenologie eingedrungen ist, muss die Frage gestellt werden, ob die frühe Phänomenologie Heideggers zu einer Phänomeno-Theo-Logie geworden ist. Um diese Frage beantworten zu können, muss eine genetisch-systema* Dieser Aufsatz wurde an der Konferenz „Heidegger und die Religion" vorgetragen (4. Treffen der Heidegger-Forschungsgruppe, Meßkirch, 4-7. Juni 2008). 1 Nachfolge Christi, II, 5, 4; in Janowski, Hans Norbert (Hg.), Geert Grote, Thomas von Kempen und die Devotio moderna, Walter, Olten 1978,154. 2 Phänomenologie der Anschauung und des Ausdrucks / Theorie der philosophischen Begriffsbildung [Hg. Claudius Strube] [GA 59], Vittorio Klostermann, Frankfurt a. M. 1993,1.