Folia Theologica 19. (2008)

Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.

166 KUMINETZ, Géza immer die Güter verarbeitet, sosehr ihm auch das ausschliessliche Recht der Benutzung des besitzten Dings gebührt, und sosehr ungleich die Leistungsfähigkeit der Menschen auch sei, dürfen die Grössen die Bestrebungen des Mitmenschen nie verhindern oder unmöglich ma­chen, dass diese leben und im Leben vorwärtskommen wollen. Obwohl das Privateigentum eine moralische Notwendigkeit ist und die irdischen Güter nie vollkommen gleich und gerecht verteilt, nicht einmal das Elend, die Not und die Armut ganz aufgehoben werden können, ist jedes Elend jedoch eine himmelschreiende Klage den Rei­chen und den ungerechten Gesetzen gegenüber. Deshalb soll die jewei­lige Gesellschaft solidarisch sein, und sie soll sich bemühen, die Güter gerecht zu verteilen und die Armut zurückzudrängen. Eine ständige Aufgabe der Kirche ist es, das Erwecken und Wachhalten des Gewis­sens. Das Almosen, das heisst die Übergabe des Überflüsses für gesell­schaftliche Zwecke, ist eine aus Liebe entspringende Verpflichtung, die durch Tugenden der Klugheit und Generosität geregelt werden.32 Nach Horváth kann das Verhalten, das sich vor allem die rechtliche Verpflichtung abnehmen will, nicht als Liebe betrachtet werden.33 3.4 Die Rolle des Staates im öffentlichen Leben Die Herausbildung des staatlichen Daseins hat im Laufe der Ge­schichte der Menschheit lange Zeit auf sich warten lassen. Die Familie, die Nation, das Vaterland, beziehungsweise die Beziehungen zwi­schen den einzelnen Völkern bildeten je eine Station des Weges zur Herausbildung des Staates. Wenn es stimmt, dass das höhere Entwick­lungsniveau das niedrigere beinhaltet, darf der Staat die von der Natur bestimmten Rechte der Person, der Familie, der Nation beziehungs­weise des Vaterlandes nicht aufheben. Auf diese Weise kommt nach organischem Bau der menschenfreundliche Staat zustande, der als eine moralische Person betrachtet werden kann, die als „ein selbständiger Rechtssubjekt und eine souveräne Rechtsquelle vor uns steht, die sich von den individuellen oder in der Gruppe von Individuen domizilie­32 Vgl. HORVATH, A., Eigentumsrecht nach dem hl. Thomas von Aquin, Graz 1929,199-202. 33 VGL. HORVATH, A., Eigentumsrecht nach dem hl. Thomas von Aquin, Graz 1929,187.

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