Folia Theologica 19. (2008)

Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.

162 KUMINETZ, Géza Weltanschauung und weltanschauliche Erziehung der Bürger beein­flusst. Ein Rechtsstaat hat also ein elementares Interesse daran, dass er für die gesunde Weltanschauung und die Gestaltung des nationalen Bewusstseins seiner Bürger die Verantwortung übernimmt. Und dafür ist die obligatorische Erscheinung des Unterrichts der Religion und des Morals verantwortlich. Der katholische Glaube schreibt nicht vor, dass sich die Parteien nach Religionen voneinander trennen, weil das unvermeidlich zu einem Religionskrieg oder mindenstens zu ungerechtfertigten Span­nungen zwischen den Religionen führen würde. Der Glaube sagt nur in diesem Bereich, dass die Verantwortlichen für das öffentliche Leben, zu welcher religiösen Gemeinschaft sie auch gehören, so handeln sol­len, dass die Rechte der einzelnen Religionen in den sogenannten kir­chenpolitischen Fragen unversehrt bleiben und die Macht das Wohl­wollen und die Geduld der Christen nicht missbraucht. Wir kennen schon gut die Praxis der sich für Gott haltenden Staaten und der auf ihrer Spitze stehenden, sich „Menschengott" denkenden Leiter, die sich leider - darüber hinaus, dass sie die Religion in die Privatsphäre jagen - auf Schritt und Tritt in die inneren Angelegenheiten der Kirche einmischen, sie geben ihr also nicht einmal in der Privatsphäre die von ihnen übrigens so oft betonte Freiheit. Was die katholische Kirche als einziger authentischer Vollmachthaber der Wahrheit im Thema des Glaubens und Morals ausspricht, hat keine irdische Macht mitzureden. Gleichermassen hat der Sitz der irdischen Macht in die Angelegenhei­ten der inneren Disziplinordnung der Kirche keine Einmischung, so z. B. in die Ausbildung und Ernennung der Leiter, in die Aussprache von kirchlichen Strafverordnungen usw. In diesen Fragen handelt je­doch selbst die Kirche im allgemeinen mit Rücksicht auf die Prinzipien der politischen Klugheit, unter Berücksichtigung der Wünsche des wohlwollenden Staates. Die Statsmacht geht gleichermassen ungesetz­lich, das heisst auf rechts verletzende Weise vor, wenn sie die freie und angstfreie Kommunikation zwischen den Gläubigen und den Pastoren unmöglich macht. In diesem Falle hat die kirchliche Instanz die Pflicht, die Stimmen des Protestes und der Empörung auszudrücken, sogar dann, wenn die kirchenhassende weltliche Macht das als eine Art Agi­tation oder Aufruhr zeichnet. Der Widerstand ist in diesem Fall keine Agitation oder kein Aufruhr, sondern die Vorbeugung vor dem Gesetz von Gott. Auch der Apostel Petrus erklärte, dass man in bestimmten Situationen eher Gott als den Menschen gehorchen soll, und das ist

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