Folia Theologica 19. (2008)

Kuminetz, Géza: Die Teilnahme des katholischen Menschen am öffentlichen Leben im Lichte der gesellschaftsphilosophie von Sándor Horváth O. P.

DIE TEILNAHME DES KATHOLISCHEN MENSCHEN 161 das bloss Parteiinteressen widerspiegelt. Das Gesetz soll ferner so sein, dass es den Bürger zum tugendhaften Leben und zur Anständigkeit erzieht. Der Machtsfaktor soll also auf irgendwelche Weise der Vertre­ter, sozusagen die Verkörperung der moralischen Idee sein soll(te). Der Glaube sagt ausserdem auch noch, dass es eine moralische Pflicht ist, am öffentlichen Leben teilzunehmen, und dass der Gläubige cha­rakterfest sein soll, das heisst er seine Überzeugung wegen keinerlei Motivation verraten (wie zum Beispiel Feigheit, Bestechung, Drücke von unten oder von oben, etwa Bedrohungen dürfen den im öffent­lichen Leben teilzunehmenden Gläubigen zum Leugnen der morali­schen Prinzipien bringen). Das Glaubensbekenntnis in der Politik ist letzendlich die Anerken­nung des Glaubenssatzes, der so lauet: Wer der Macht gehorcht, ge­horcht Gott. Eine besondere Wichtigkeit besitzt auch heute noch die von Horváth betonte These, nach der der Gläubige weder mit seiner Wahlstimme noch auf irgendeine Weise solche gesellschaftliche Kraft und Partei un­terstützen darf, die im Dienste von destruktiven Ideen steht. Hier gilt das Prinzip „Der nicht mit mir ist, ist gegen mich". Für die Katholiker gibt es jedoch kein ausgesprochenes Verbot, dass sie in eine Partei nicht eintreten dürfen, trotzdem dürfen sie in solchen Parteien oder gesellschaftlichen Organisationen nicht tätig sein, die sich gegen die Kirche und die Religion ausdrücklich oder auch nur stillschweigend organisieren. Falls ein Gläubiger nichts davon wüsste, und in eine solche Organisation eintreten würde, wenn er die Wahrheit erkennte, wäre es seine Pflicht aus dieser Partei auszutreten. Das politische Leben ist doch nicht das Terrain von Glaubensdiskus­sionen. Dazu stehen andere Foren den Gläubigen zur Verfügung. Da die Politik das gesellschaftliche Allgemeingut leitet, gehört die Ent­scheidung von transzendentalen Fragen nicht in ihre Kompetenz. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Politik mit der Religion nichts zu schaf­fen hat. Die Verwalter des Allgemeingutes sollen nämlich die ver­schiedenen Religionen gerade mit Rücksicht auf das Allgemeingut beurteilen, und sie dürfen nur und ausschliesslich diejenigen religiö­sen Gemeinschaften dulden bzw. anerkennen, die alle wichtigen Merk­male der Religionen besitzen. Auf diesem Gebiet müssen sie unbedingt die Meinung der schon gesetzlichen Religionen erbitten, und es ist überhaupt nicht zweckmässig, gegen sie zu handeln. Das Allgemein­gut wird auf indirekte, doch recht entscheidende Weise durch die

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