Folia Theologica 19. (2008)

Kocsis Imre: Petrus und sein Dienst in den schriften des Neuen Testaments

PETRUS UND SEIN DIENST IN DER SCHRIFTEN 111 2. Klassische Texte über den Primat und die Vollmacht des Petrus a) Mt 16,17-20 Die wissenschaftlichen Theorien der Entstehungsgeschichte des Textes fasst R. Pesch sehr geschickt zusammen.26 Die meisten Forscher halten diesen Abschnitt für eine Gemeindebildung. Das besagt, dass die Sprüche nicht unmittelbar von Jesus stammen, sondern die theolo­gische Reflexion der Urkirche sind. Die Verfechter dieser Position be­rufen sich darauf, dass diese Sprüche eine voll ausgeprägte Lehre über die Kirche enthalten, und somit die Situation nach Ostern widerspie­geln. Das griechische Wort für „Kirche" (ÈKKÀ.r|aia) kommt außerhalb des besprochenen Abschnittes nur in Mt 18,18 ein zweites Mal vor. Wegen der semitischen Eigenheiten denken viele jedoch daran, dass die Formulierung in einer judenchristlichen Gemeinde geprägt wor­den sei.27 Gleichwohl gibt es auch Forscher, die einen unmittelbaren je- suanischen Ursprung annehmen und verfechten. Natürlich nicht im Sinne, dass diese Sprüche unbedingt in dem vor uns entfalteten Zusammenhang, als Teil des Dialogs in Caesarea Philippi gesagt wor­den wären. Ausgehend von der Beobachtung, dass die an Petrus erge­henden Verheißungen und Aufträge in den anderen Evangelien im Rahmen der Leidensgeschichte und der Osterbotschaft Vorkommen, nehmen manche an, dass auch die in Rede stehenden Formulierungen des Matthäusevangeliums in dieser Zeit gesagt worden sein könnten.28 In Bezug auf den Ursprung scheinen die einschlägigen Ansichten von Th. Söding sehr erwägenswert. Ihm zufolge ist der Standpunkt, Jesus könne während seiner irdischen Laufbahn das Wort Kirche nicht ver­wendet haben, unhaltbar; der entsprechende hebräische Begriff (^np) und die aramäischen Bezeichnungen («‘pnp oder xntrá) sind ja sowohl im Alten Testament wie auch im Judaismus wohlbekannt. Auch die 26 PESCH, Grundlagen, 36-39. 27 Diese Ansicht vetreten auch die Verfasser der beiden grossen deutsch­sprachigen Kommentare: J. GNILKA, Das Matthäusevangelium II, Freiburg 1988,50-54; U. LUZ, Das Evangelium nach Matthäus II, Zürich 1990, 455-459. Vgl. noch SCHNACKENBURG, Petrus, 120-124. 28 Vgl. CULLMANN, Petrus, 196-214; P. GRELOT, L'origine de Matthieu 16,.16- 19, In À cause de l'évangile, 91-105; U. WILCKENS, Theologie des Neuen Testaments II, Neukirchen-Vluyn 2003,141-144.

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