Folia Theologica 19. (2008)

Kocsis Imre: Petrus und sein Dienst in den schriften des Neuen Testaments

106 KOCSIS, Imre die Tore der universalen, sowohl aus Juden als auch aus Heiden beste­henden Kirche weit aufgetan.15 d) Die paulinischen Briefe Die Briefe des Paulus verdienen deshalb besondere Aufmerksam­keit, weil sie größtenteils die persönlichen Erfahrungen des Apostels der Völker widerspiegeln, und weil sie den Ereignissen näher stehen als die Evangelien oder die Apostelgeschichte. Deswegen ist es sehr aufschlussreich, dass Paulus in den wesentlichen Punkten die Mittei­lungen anderer Quellen bestätigt. Vor allem ist der Name Kephas her­vorzuheben, weil der Apostel Paulus, bis auf eine einzige Ausnahme (Gal 2,7-8), immer den ursprünglichen aramäischen Namen erwähnt, und dadurch die besondere Rolle anerkennt, die von Petrus in der Kirche eingenommen wird. Als er das urchristliche Glaubensbekennt­nis über den Tod, die Auferstehung und die Erscheinungen Christi zi­tiert (1 Kor 15,3-5), erwähnt er an erster Stelle die Erscheinung vor Pet­rus (1 Kor 15,5). Darüber hinaus spricht er über die Führungsrolle des Petrus, die von ihm in der Urkirche von Jerusalem ausgeübt wird: Neben Jakobus und Johannes gehört Kephas der „Säulen" (Gal 2,9) an. Er ist aber gleichwohl, unabhängig von dieser Gruppe, auch allein eine maßgebende Autorität. „Immer wieder ist Petrus der Vergleichsmaß­stab für Paulus"16. Als er im Galaterbrief über seine Berufung berichtet, 15 Es herrscht eine Einhelligkeit in der Forschung darüber, dass die Zielset­zung des Doppelwerkes des Lukas (seines Evangeliums und der Apostel­geschichte) gerade darin besteht, die heilsgeschichtliche Kontinuität einer­seits zwischen den beiden heilsgeschichtlichen Epochen - also zwischen dem alten und dem neuen Testament - darzustellen, andererseits die Kon­tinuität innerhalb der zweiten Epoche, also von Jesus über die apostoli­schen Zeugen bis zu Paulus, dem eigentlichen Heidenmissionar darzule­gen. Vgl. KOCSIS I., Történelem és üdvtörténet Lukács kettős művében [Geschichte und Heilsgeschichte im Doppelwerk des Lukas], In Teológia 34 (2000) 99-114. Betreffs der Apostelgeschichte gilt es auch zu betonen, dass dieses Buch auch Paulus in Schutz nimmt, der Verfasser hegt ja die Absicht, den „Weg des Paulus" dadurch zu rechtfertigen, dass er ihn auf Petrus und die Apostelversammlung zurückführt. Vgl. G. SCHNEIDER, Die Apostelge­schichte I, Freiburg 1980,144. TARJÁNYI B., Újszövetségi alapismeretek II, Bu­dapest 1996, 93. 16 K. BERGER, Theologiegeschichte des Urchristentums, Tübingen 21995, 281.

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