Folia Theologica 19. (2008)
Kocsis Imre: Petrus und sein Dienst in den schriften des Neuen Testaments
PETRUS UND SEIN DIENST IN DER SCHRIFTEN 105 Saphira aufdeckt (5,1-11) und dem Magier Simon eine Verhaftung an irdischem Besitz nachweist (8,18-25). Freilich ist hervorzuheben, dass Petrus als Mitglied der Zwölf der Gemeinde vorsteht. Er tritt oft mit Johannes zusammen auf, und in den wichtigeren Fragen wird eine gemeinsame Entscheidung getroffen. So ein Fall ist die Wahl der sieben Diakonen (6,1-7), bzw. der Beschluss des Apostelkonzils, dass die Heidenchristen nicht zur Einhaltung des Gesetzes von Moses verpflichtet sind (15,6-29). Dieser Beschluss fällt beim Apostelkonzil in Jerusalem, das nicht mehr vom Kreis der Zwölf geleitet wird, sondern vom Gremium der „Apostel und Presbyter" (15,6).14 Durchaus wichtig ist die Tatsache, das Lukas den Petrus nicht nur für Missionar der Judenchristen hält, sondern auch den Anfang der Heidenmission mit seiner Person in Verbindung bringt. Bereits in seinen Reden vor den Juden tut sich ein universaler Horizont auf (2,39; 3,25). Zusammen mit Johannes verleiht er der Mission in Samaria Ansehen und Glaubwürdigkeit (8,14-17), und er ist derjenige, der den heidnischen Hauptmann, Kornelius tauft (Kap 10), und so den Weg der Heidenchristen in die Kirche bereitet. Da überrascht es nicht, wenn Petrus, der sich im Apostelkonzil als erster zu Wort meldet, die Evangelisierung der Heiden für Gottes feste Absicht hält, und der Bestrebung, der Geltungsbereich des mosaischen Gesetzes auch auf die Nichtjuden auszuweiten, standfesten Widerstand leistet (15,7-11). Es ist sehr auffällig, dass Petrus nach der Apostelversammlung unvermittelt „verschwindet", und später nicht mehr erwähnt wird. Wir hören nunmehr ausschließlich von den Missionsfahrten und der Gefangenschaft des Paulus. Um dies verstehen zu können, darf man die Parallele zwischen Petrus und Paulus nicht aus den Augen verlieren: sie tun ähnliche Wunder, und auch die Reden, die sie halten, sind nah verwandt. Durch diese Parallele kommt die Überzeugung zum Ausdruck, dass in Petrus und Paulus derselbe Geist wirksam ist, bzw. Paulus damit fortfährt, was Petrus in Angriff genommen hat. Im Lichte dieser Parallele scheint das plötzliche „Verschwinden" des Petrus nicht Zeichen einer Abwertung zu sein, sondern deutet einfach an, dass er den wichtigsten Schritt der Mission bereits getan hat: Er hat 14 Vgl. zu diesen Gremien R. PESCH, Die Apostelgeschichte II, Neukirchen 1986, 75.