Folia Theologica 19. (2008)
Kocsis Imre: Petrus und sein Dienst in den schriften des Neuen Testaments
PETRUS UND SEIN DIENST IN DER SCHRIFTEN 101 (15,15) und des Maßes der Vergebung (18,21). Der genannte Jünger erscheint an diesen Stellen wie ein Vermittler, der hinsichtlich der wahren christlichen Verhaltensformen um Unterweisung vom Herrn bittet, offensichtlich mit dem Ziel, diese den anderen zu vermitteln.7 Dasselbe Ziel verrät die dem Sondergut gehörende Erzählung über die Kirchensteuer (17,24-26). Die Absicht Jesu - dass die Söhne von der Steuer befreit würden, sich aber hüten müssten, Anstoß zu erregen - muss von Petrus bekannt gemacht werden. Es ist sinnvoll, noch zwei weitere Textabschnitte aus dem matthäis- chen Sondergut zu erwähnen. Der eine ist die Übergabe der Vollmacht (16,16-20), worauf wir später noch zurückkommen, der zweite ist die Erzählung über das Wandeln Jesu auf dem See (14,24-33). Darüber berichtet auch Markus, davon aber, dass auch Petrus auf dem Wasser geht, schreibt nur Matthäus. Auf den Anruf Jesu verlässt Petrus die Barke und geht auf das Wasser, beginnt aber, vom Starken Wind beängstigt, zu versinken. In der Not ruft er Jesus um Hilfe, der seine Hand ausstreckt und seinen Jünger rettet. Diese Bibelstelle, deren ekklesiologischer Charakter außer Frage steht,8 hat auch für die Person von Petrus Bedeutung. „Als der hervorragende (erste) Jünger, der Garant der Jesusüberlieferung und bevollmächtigte Ausleger seiner Worte (16,18f) soll er zugleich wie kein anderer die Höhe und die Gefährdung des Jüngertums veranschaulichen. Nur in der gemeinsamen Bindung und völlige Hingabe an Jesus kann sein Jüngertum erfüllen."9 Auch im Lukasevangelium können die gemeinsamen Elemente von Markus und Matthäus beobachtet werden, nämlich die Erstberufung, (5,1 -11) und die Stelle, die er unter den Zwölfen einnimmt (6,12), seine Wortführerrolle (9,21-33; 18,28) sowie seine zur Zeit des Leidens erwiesene Schwäche (22,54-62). Es ist zugleich auffällig, dass Lukas aus dem von Markus übernommenen Material einige Stellen weggelassen 7 Vgl. R. SCHNACKENBURG, Petrus im Matthäusevangelium, in À cause de l'Evangile. Mélanges offerts à Dom Jacques Dupont, Paris 1985, 107-125, 119; GNILKA, Petrus, 151. 8 „Das Boot, in dem sich die Jünger befinden und in das am Ende Petrus und Jesus hineinsteigen, darf man als Symbol der Kirche nehmen... Damit tritt das in der Geschichte dargebotene Bild in eine gewisse Parallele zu Mt 16,18 (,Und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen')." GNILKA, Petrus, 152. 9 SCHNACKENBURG, Petrus, 117.