Folia Theologica 17. (2006)
Roland Tamás: Das Schicksal des Reiches
FOLIA THEOLOGICA 17 (2006) 239 Roland TAMÁS DAS SCHICKSAL DES REICHES Zur Theologie der medial strukturierten Welt Dass das mediale Zeitalter die Theologie und die Kirche vor neue Herausforderungen stellt, wird heute allgemein erkannt. Die theologische Auseinadersetzung erfolgt allerdings vornehmlich von der Perspektive der Moral- und Pastoraltheologie. Unserer Ansicht nach ist auch eine systematisch-theologische Reflexion vonnöten, sie hat ja der Moral und der Pastoral vorauszugehen. Die Situation ist nämlich durchaus vergleichbar mit der Erfahrung des zerstreuten Volkes: das zerstörte Jerusalem und leere Kirchen - der Ruhm der Götter Babylons und volle Supermärkte und Multi- plex-Kinos. Was wird das Schicksal des Reiches Gottes werden? Dieses Reich ist, nach katholischem Verständnis, dem Volk Gottes untrennbar verbunden. Wird aber, so zumindest die Hoffnungen von einer „virtual community", der Weinberg an andere Winzern verpachtet werden (vgl. Mt 21, 41)? 1. Lehramtliche Weichenstellungen Wie diese Fragestellung zeigt, ist die Problematik im Bereich der Ekklesiologie anzusiedeln. Wir sind der Überzeugung, dass der Schlüssel zur Deutung der medial strukturierten Welt die Vision des II. Vatikanischen Konzils über die Kirche ist. Diese Vision ruht auf zwei Säulen: die Kirche als Sakrament der Einheit (Lumen gentium) und die Anerkennung der relativen Autonomie der Welt (Gaudium et spes). Die Kirche als Sakrament der Einheit Es überrascht vielleicht ein wenig, dass LG selbst als dogmatische Konstitution den gegenwärtigen Zeitverhältnissen Rechnung tragen will, dass nämlich die Menschen „heute durch vielfältige soziale, technische und kulturelle Bande enger miteinander verbunden sind" (LG 1). Diese enge Verbundenheit, die der Text artikuliert, ist seit dem Konzil nur verstärkt worden; die Menschheit wird