Folia Theologica 17. (2006)

Roland Tamás: Das Schicksal des Reiches

240 R. TAMAS immer mehr zu einem "global village".1 Aber gerade in diesem Kon­text kommt der Rede von der Kirche als Sakrament der Einheit eine besondere Relevanz zu: "Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Verei­nigung mit Gott wir für die Einheit der ganzen Menschheit" (LG 1). Es ist nicht von ungefähr, dass LG hier über die ganze Mensch­heit spricht. Nach der Absicht Johannes XXIII. sollte das Konzil sich auf die Welt hin öffnen; und bereits im ersten Artikel der Kirchen­konstitution sehen wir, dass die Väter diese Öffnung auf theologi­scher Ebene vollzogen haben. Die Öffnung der Kirche auf die Welt geht aber auf etwas Grundsätzlicheres zurück: auf die Öffnung des dreifältigen Gottes auf die Menschen. Denn hinter der ganzen Heilsgeschichte steht, wie LG den Gedanken fortsetzt, der Rat­schluss des ewigen Vaters, „die Menschen zur Teilhabe am göttli­chen Leben zu erheben" (LG 2). Wie realisiert sich dieser göttliche Ratschluss in der Geschichte? Das zweite Kapitel macht diesbezüg­lich die fundamentale Aussage: „Gott hat es aber gefallen, die Men­schen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbin­dung, zu heiligen und zu retten, sondern sie zu einem Volke zu ma­chen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit die­nen soll" (LG 9). Dieser Satz macht deutlich, dass die Einheit unter den Menschen nicht etwas Nachträgliches ist, was sich mit dem Aspekt der Vereinigung mit Gott nur äußerlich verbinden lässt; es geht nicht um zwei verschiedene Akte, die einander vor- oder un­tergeordnet werden können, sondern zwischen beiden besteht ein Verhältnis der „Gleichursprünglichkeit"2. Wollen wir die Rolle der Kirche in der Sammlung der Mensch­heit näher bestimmen, können wir eine Übereinstimmung feststel­len. Der Geist des Sohnes Gottes ist „der Ursprung der Vereinigung und Einheit in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im Gebet" (LG 13). Das Wirken des Geistes inner­halb der Kirche zielt auf dasselbe, wofür die Kirche als Sakrament in der Welt steht: Vereinigung und Einheit. Daraus können wir fol­1 Der Begriff wurde von dem kanadischen Medienforscher Marshall McLuhan geprägt, der von den elektronischen Medien eine Rückkehr der gespalteten Menschheit zu der einheitlichen archaischen Gesellschaft erwartete. Vgl. McLuhann / Powers: The Global Village (1995). 2 Vgl. Kehl: Die Kirche (1992) 75.

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