Folia Theologica 17. (2006)
Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar
222 C. SORC Nachdem Balthasar die im trinitarischen Gott liegenden Voraussetzungen für die Schöpfung und Erlösung erläutert hat, bemüht er sich nochmals, das Geschehen der Erlösung aus der trinitarischen Perspektive auszuloten. Insbesondere betrachtet Balthasar den Gehorsam des Sohnes, der in seinem „Liebesgehorsam" mit dem Vater im Geist verbunden zugleich die Weltschuld der Gesamtmenschheit, also den radikalen Ungehorsam, in sein Verhältnis zum Vater hineinnimmt. Dies geschehe in der vom göttlichen Vater verfügten Stunde (vgl. Joh 4,23). Eine „totale Überforderung" des Sohnes, der zum Konzentrat der Weltsünde wird, sei die Folge (vgl. TD III, 311). Jesus erfährt „die Finsternis des Sündenzustandes", eine Finsternis, die noch die übersteigt, welche die Sünder selbst erleben müssten, da sich diese Nacht „innerhalb der von keinem Geschöpf erahnbaren Tiefen der Beziehung der göttlichen Hypostasen [= Personen] abspielt" (TD III, 313). Die „Eigen-Hingabe" des Sohnes in den Tod sagt uns: Hier ge- schiet in der Ökonomie (in der Heilsgeschichte) das, was im immanenten (inneren) Geheimnis Gottes geschieht, nämlich dieses unaufhaltsame Sich-Schenken, das im inneren Leben Gottes die Quelle der unendlichen Glückseligkeit ist, im Sich-Schenken nach außen, der Schöpfung, aber auch Quelle „des Leides", das jedoch (so dass es angenommen werden kann), eine „Perle" der Erlösung schafft. Balthasar vertieft sich in die neutestamentlichen Aussagen über das stellvertretende Sühneleiden Christi - Aussagen, die ihrerseits an alttestamentliche Vorlagen anknüpfen wie an das Bild vom leidenden Gottesknecht (Jes 42,1-9; 49,1-9; 50,4-9; 52,13-53,12). Dabei handelt es sich nicht um von außen an das Geschick Jesu herangetragene Deutungen. Jesus selbst, wie erläutert, sieht seine Sendung in diesem Kontext. Jesus ist der freieste Mensch, indem er der gehorsamste ist! Sich selbst hingeben und sich hingeben lassen ist bei in dasselbe. Wenn Paulus in 2 Kor 5,21 schreibt: „Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden", dann bringt er damit Jesu Solidarität mit den Sündern auf den Punkt. Balthasar versucht dieses Wort weiter auszuloten, indem er sich an das Geheimnis herantastet, dass die Sünde der Welt in Jesus ist und somit eingelassen ist in sein vom Geist mitgetragenes Verhältnis zum Vater (vgl. MP 202).